Gameplan aufgegangen – Fluch gebrochen

Die Hamburg Towers drehen in den Schlussminuten die Partie und sichern sich dank des 85:89 (20:19, 44:47, 68:65) den ersten BBL-Sieg gegen die NINERS Chemnitz. Schon am Samstag geht es in Heidelberg weiter.

WIE LIEF’S In den Anfangsminuten schien der Gameplan der Hamburg Towers zu greifen. Starke Arbeit beim Offensivrebound, konzentrierte Defensive, allein die Chancenverwertung passte zunächst nicht. Nachdem die NINERS Chemnitz, begünstigt durch drei Rebounds am offensiven Brett in einem Angriff, kurzzeitig in Führung gingen, hatte Robin Christen mit dem ersten Dreier der Partie prompt die passende Antwort parat. Weil dann aber auch Weidemann, der sieben der ersten neun Chemnitzer Punkte erzielte, aus der Distanz traf, war die Partie zur Mitte des ersten Viertels wieder ausgeglichen. Und dabei blieb es zunächst auch – beide Teams agierten auf Augenhöhe, offensiv und defensiv hatten beide Kontrahenten ihren Rhythmus gefunden. Zumindest bis zu den letzten Sekunden, in denen die NINERS Abstimmungsprobleme der Hamburger ausnutzten, um eine knappe Führung aus den ersten zehn Minuten zu nehmen. Mit dem Beginn des zweiten Viertels begannen beide Teams, mehr Tempo aufzunehmen. Und zunächst profitierten die Gastgeber davon, Lockett erhöhte den Rückstand aus der Distanz auf vier Zähler. Doch zwei überhastete Chemnitzer Ballverluste ließen die Towers, angeführt von Maik Kotsar und Lukas Meisner, wieder auf einen Zähler anschließen. Fortan pendelte die Partie für eine ganze Weile fast stoisch um diesen einen Punkt. Zwar sorgte Jaylon Brown nach einem Steal von Hollatz erst mit dem Dunk und anschließend einem Dreier für Highlights, doch Chemnitz hatte, wenn auch mit Abzügen in der B-Note, immer die richtige Antwort parat. Das setzte sich bis zur Halbzeit fort – Ziegenhagen konterte mit einem staubtrockenen Dreier die nächste Hollatz-Brown-Kollaboration. Erst ein kraftvoller Putback-Dunk von Maik Kotsar ließ in den letzten Sekunden vor der Pause die Hausherren zumindest einmal kurz verstummen – und sicherte den Towers die Drei-Punkt-Führung nach den ersten beiden Abschnitten. Direkt nach dem Seitenwechsel hatten aber auch die Chemnitzer den Highlight-Dreh raus. Nach einem 8:0-Start der Gastgeber war die Führung der Hamburger wieder verspielt. Vier Minuten reichten Chemnitz für insgesamt 14 Punkte, zu viel für den Geschmack von Pedro Calles, der umgehend eine Auszeit nahm. Zwar konnte die Unterbrechung den NINERS-Run zunächst stoppen, es dauerte aber weitere drei Minuten, ehe die Towers nach einem Ballgewinn und Punkten von Caleb Homesley wieder auf zwei Zähler verkürzen konnten. Der deutlichste Unterschied vor dem Schlussviertel: Chemnitz traf vier Dreier mehr, die Quote der Hamburger (27%) ausbaufähig. Doch mit Beginn der letzten zehn Minuten, machten sich Lukas Meisner und Jaylon Brown drauf und dran, diese zu ändern. Aus der Distanz sorgten sie zweimal für den Ausgleich. Als es dann für Lukas Meisner erneut doppelt von jenseits der 6,75-Meter-Linie nicht passte, wusste der Forward seine Länge geschickt in Korbnähe zu nutzen und glich abermals nach Punkten von Chemnitz‘ Topscorer Weidemann aus. Doch während der Distanzwurf zu Beginn des vierten Viertels noch zum Ausgleich führte, ermöglichten reihenweise Fehlversuche aus der Distanz nun abermals die Chemnitzer Führung. Besser lief es unter den Körben, wo Maik Kotsar per And One 87 Sekunden vor dem Ende für ein erneutes Pari sorgte. Und die beste Towers-Phase sollte noch folgen. In den Schlusssekunden blitzte der Calles-Plan – Offensivrebounds, Defensive und Tempo – eindrucksvoll wieder auf und brachte, gepaart mit Nervenstärke an der Freiwurflinie, den ersten Sieg gegen Chemnitz in der easyCredit BBL.

TOWERS-STATS J. Brown (18 Pkt.), DiLeo (2), Homesley (4, 3 Reb., 3 Ass., 2 Stl.), Meisner (17,), Christen (14), Kotsar (18, 11 Reb., 4 Ass.), Hinrichs (3, 4 Reb.), Bluiett (4), Edigin, Hollatz (9, 6 Reb., 8 Ass., 3 Stl.)

Maik Kotsar war effektivster Tower und entscheidender Akteur in den Schlussminuten. | Foto: Jan Stimpel

DUELL IM FOKUS Justus Hollatz vs. Nelson Weidemann. Magenta Sport hatte sich das Duell der beiden Guards bereits vor dem Tipoff herausgepickt. Und die beiden Youngster lieferten, wie angekündigt, den Zuschauern an den Bildschirmen ein packendes Kopf-an-Kopf-Duell. Über weite Strecken sah es so aus, als würde Weidemann, der mit 28 Punkten eine neue persönliche Bestleistung erzielte und sich zudem noch sechs Rebounds schnappt, für das bessere Ende auf Chemnitzer Seite sorgen. Doch assistiert von Maik Kotsar war es Justus Hollatz – letztendlich bei 9 Punkten, 6 Rebounds und 8 Assists – der mit einem abgezockten Lay-Up und zwei nervenstarken Freiwürfen das Momentum endgültig auf Hamburger Seite holte.

TOWER OF THE GAME In gerade einmal drei Minuten sammelte Maik Kotsar fünf seiner insgesamt 11 Rebounds – es waren die entscheidenden. Denn dank des Einsatzes des 2,11 Meter Centers, und dem daraus resultierendem Chancenplus, verwandelten die Towers in der Crunchtime ein Unentschieden in eine Sechs-Punkte-Führung. Für den Ausgleich war übrigens auch der Este hauptverantwortlich, der zunächst Seth Hinrichs bediente und anschließend per And One den Schlussspurt endgültig einleitete. In 33:30 Minuten erzielte Maik Kotsar dazu noch 18 Punkte und insgesamt vier Assists.

WHAT’S NEXT Nicht einmal 48 Stunden bleiben dem Team der Hamburg Towers bis zum nächsten Tipoff. Am Samstag (20.30 Uhr) sind die Hanseaten bei den MLP Academics Heidelberg gefordert – und wollen an die starke Vorstellung gegen die NINERS anknüpfen. Vor der rund 450 Kilometer langen Reise in die baden-württembergische Neckar-Stadt lässt Pedro Calles Freitagvormittag zunächst noch eine vorbereitende Trainingseinheit in Chemnitz absolvieren. Anschließend geht es mit dem Bus nach Heidelberg. Für die richtige Vorbereitung auf den Aufsteiger wird der Hamburger Head Coach auch auf das Videomaterial der letzten Begegnung zurückgreifen – am Mittwoch gelang den Heidelbergern ein eindrucksvoller 70:82-Auswärtssieg beim Siebtplatzierten aus Göttingen. Neben Topscorer und -rebounder Brekkott Chapman (18 Pkt., 10 Reb.) stachen auch Kelvin Martin (17) und Max Ugrai (16) aus einer sehr geschlossenen Teamleistung heraus. Noch mehr überzeugte nur die geschlossene Defensivleistung, die MVP-Kandidat Kamar Baldwin nur zehn Zähler erlaubte.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Auch Jaylon Brown spielte eine starke Partie – kam am Ende auf 18 Punkte. | Foto: Jan Stimpel

PEDRO CALLES: „Zuallererst muss ich meinen Spielern gratulieren. Sie haben Charakter bewiesen und uns damit diesen sehr wichtigen Sieg beschert. In der ersten Hälfte was das Spiel sehr ausgeglichen. Mit Beginn der zweiten Hälfte hat es Chemnitz zunehmend geschafft, ihre Offensive umzusetzen. Wir haben nicht gut genug verteidigt – obwohl sie so gut getroffen haben, haben wir über sieben Minuten nicht gefoult. Daran müssen wir arbeiten. Im vierten Viertel, als es gar nicht gut für uns aussah, waren die Offensivrebounds von Seth Hinrichs und Maik Kotsar die Schlüsselmomente, die uns zusätzliche Angriffe ermöglicht haben. Dass wir es dann auch in den letzten zwei Minuten geschafft haben, Stopps in der Verteidigung zu generieren, hat uns den Sieg beschert. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meinen Respekt für die Arbeit von Rodrigo Pastore hier in Chemnitz zollen, nicht nur in dieser Saison. Ich konnte heute erstmalig die Atmosphäre hier erleben und es ist für mich sehr beeindruckend, wie sich das Team und die Organisation entwickelt.“

JUSTUS HOLLATZ: „Erstmal sind wir mega stolz, dass wir hier den Sieg eingefahren haben. Wir haben in den letzten Angriffen viele Chancen bekommen, Maik Kotsar hat einen sehr guten Job beim offensiven Rebound gemacht. Das hat es uns ermöglicht, dass wir am Ende entscheidend punkten konnten. Beide Mannschaften haben zu keinem Zeitpunkt aufgegeben. Chemnitz, bei denen Nelson Weidemann ein riesiges Spiel gemacht hat, hat im dritten Viertel die Würfe ein bisschen besser getroffen, letztendlich konnten wir aber trotzdem den Sieg holen. Wir müssen das Selbstvertrauen in die nächsten Wochen mitnehmen, haben in 48 Stunden das nächste Spiel in Heidelberg. Das wird auch kein leichtes Spiel, sie haben gestern deutlich gegen Göttingen gewonnen. Wir fahren aber nach Heidelberg, um uns den nächsten Sieg zu holen und dann schauen wir mal, wo wir uns am Ende platzieren können.“