Zwischen Vergangenheit und Gegenwart

In Chemnitz feierten die Hamburg Towers einst ihren Aufstieg in die BBL. Drei Jahre später geht es an diesem Donnerstag (24.3.) für die Hanseaten in Sachsen um den Anschluss an die Playoff-Platzierungen. Tipoff in der Messehalle ist um 19 Uhr. Magenta Sport überträgt ab 18.45 Uhr live.

WHAT’S UP?! Nach drei, respektive zwei Jahren Zugehörigkeit in der easyCredit BBL ist es wohl noch zu früh, das Duell zwischen den Hamburg Towers und den NINERS Chemnitz als Classico zu bezeichnen. Doch verbindet beide Teams eine jahrelange Geschichte, zahlreiche dramatische Spiele und auch noch heute eine gewisse Rivalität. Von den 15 Aufeinandertreffen in der zweiten Liga entschieden die Hamburg Towers immerhin sieben für sich – die drei bisherigen Duelle in der easyCredit BBL gingen ausschließlich an Chemnitz. Wenn es nach Justus Hollatz geht, dann soll in der Nachholpartie des 24. Spieltages am Donnerstag (24.3., 19 Uhr) der erste Hamburger BBL-Sieg gegen die Sachsen gelingen. Die Vorzeichen allerdings sind die schwersten der vergangenen Jahre. Die NINERS Chemnitz stehen aktuell auf dem sechsten Tabellenplatz, haben bereits drei Siege mehr auf dem Konto. Gleich drei Mal in dieser Saison konnte das Team von Rodrigo Pastore, seit 2015 bei den Sachsen an der Seitenlinie, gegen München gewinnen, zweimal in der Hauptrunde, einmal im Pokalwettbewerb. Auch gegen drei weitere Teams der Top-Acht konnten die Chemnitzer bisher mindestens eine Partie gewinnen. Das Geheimnis des Chemnitzer Head Coaches ist eigentlich gar keines – es ist sein Team. In der Defensive äußerst variabel, lassen die NINERS im Ligavergleich die viertwenigsten Punkte (78,0) zu – nur Berlin, München und Ludwigsburg halten ihre Kontrahenten bei weniger Zählern. Zudem sind sie das dominanste Team (26,6) beim Defensivrebound – zweite Chancen suchen die Gegner der Chemnitzer meist vergeblich. Bis auf eine Partie in Ulm konnte das Pastore Team alle Spiele (acht) mit einer Differenz von vier oder weniger Punkten für sich entscheiden. Insofern ist es für die Sachsen verschmerzbar, mit 79,2 erzielten Zählern in Summe den drittschlechtesten offensiven Output vorzuweisen. Zudem ist die Gesamtpunktzahl nur die halbe Wahrheit – denn mit 48,4 Prozent Trefferquote liegen die Chemnitzer ligaintern auf Rank fünf, im Zwei-Punkt-Bereich (58,9%) trifft niemand besser als die Sachsen. Um die Chancen auf einen Auswärtserfolg zu steigern, weiß auch Pedro Calles, braucht sein Team ein deutliches Chancenplus, unter anderem durch Offensivrebounds – ohne dabei die Defensive im Umschaltspiel aus den Augen zu verlieren. Dass die Towers dazu in der Lage sind, belegen die Zahlen – 67,1 Wurfversuche pro Partie (CHE 60,0) und 12,8 Offensivrebounds im Schnitt bedeuten jeweils den drittbesten Wert aller BBL-Teams. Und verteidigen können die Hamburger auch, sind die Towers mit 8,3 Steals doch die zweitbesten Balldiebe. Vielleicht stehen die Vorzeichen also doch gar nicht so schlecht.

Schon das Hinspiel hatten die Hamburger alle Mühe mit der Chemnitzer Verteidigung. | Foto: Dennis Fischer

DUELL IM FOKUS Trevon Bluiett vs. Trent Lockett. Im Hinspiel standen beide Guards noch nicht im Aufgebot ihrer aktuellen Teams – Lockkett absolvierte seine Premierenpartie Mitte Dezember, Bluiett stieß Anfang Februar zu den Hamburgern. Beide Profis fügten sich ungemein schnell ins Teamgefüge ein. Der US-Amerikaner im Chemnitzer Trikot etablierte sich prompt als Führungsspieler, ist mit 11,1 Punkten im Schnitt zweitbester Scorer, legt dazu noch 3,5 Rebounds und 3,1 Assists auf. Auch der US-Amerikaner der Hanseaten kommt mit 7,7 Punkten, 4,3 Rebound und 1,7 Assists auf gute Werte, konnte allerdings verletzungsgeplagt bisher nur drei Pflichtspiele absolvieren. Gegen Chemnitz soll Trevon Bluiett auf das Parkett zurückkehren und mit starker Defensive unter anderem auch Trent Lockett in Schach halten.

BLICK IN DIE GESCHICHTSBÜCHER Am 30.04.2019 hieß es Do-or-Die, Siegen oder Fliegen, ganz simpel: win it or lose it all. Es war kein Spiel wie jedes andere, denn es ging um nicht weniger als den Aufstieg in die easyCredit BBL, dem Verlierer dagegen drohte mindestens ein weiteres Jahr zweite Liga. Es war kein gewöhnliches Spiel, denn die Hamburg Towers, Hauptrundenvierter, zwangen den haushohen Favoriten, die NINERS Chemnitz, nach 30 Spieltagen mit deutlichem Abstand Tabellenführer, in ein entscheidendes fünftes Halbfinalspiel. Während in Sachsen das Saisonziel Aufstieg schon mit dem Start der Spielzeit 2018/19 in aller Munde war, hieß es in der norddeutschen Metropole eher bescheiden: You can’t guarantee an Aufstieg. Garantiert war im entscheidenden Halbfinale dafür eine hollywoodgleiche Dramatik. Mit einem 10-Punkte-Vorsprung gingen die Towers ins Schlussviertel, nach 63 Sekunden war die Führung auf nur noch zwei Zähler geschmolzen. Doch der überragende Carlton Guyton (28) machte schlussendlich den Unterschied. Der heute 31-Jährige spielt aktuell in der zweiten französischen Liga – mit Malte Ziegenhagen, Jonas Richter und Justus Hollatz stehen aber drei der damaligen Protagonisten noch immer für ihre Teams auf dem Parkett.

OFF THE COURT Von Mittwoch bis Sonntag sind Justus Hollatz und Co. mit dem Teambus auf großer Deutschland-Tour. Zunächst geht es am Mittwoch nach einer kurzen Trainingseinheit von Hamburg ins sächsische Chemnitz. Dort verweilen die Hamburg Towers bis Freitagmittag, absolvieren nach der Partie am Donnerstag (19 Uhr) noch eine Trainingseinheit, ehe es knapp 450 Kilometer in Richtung Heidelberg geht. In der baden-württembergischen Unistadt steht am Samstag (26.3.) gleich das nächste Pflichtspiel auf dem Programm. Tipoff ist um 20.30 Uhr. Direkt im Anschluss geht es für die Hamburg Towers zurück in die Hansestadt, um sich auf die nächste Woche vorzubereiten – denn dort stehen drei Heimspiele in sechs Tagen auf dem Programm des Teams von Pedro Calles.

KURZER SCHNACK VOR DEM SPIEL

Justus Hollatz hat sich vorgenommen, in der Offensive noch mehr Verantwortung übernehmen zu wollen. | Foto: Marvin Contessi

PEDRO CALLES: „Uns steht ein straffes Programm bevor. Doch diese Situation ist nicht neu für uns. Wir sollten also wissen, wie wir in beiden Partien unser Maximum herausholen können. Chemnitz spielt einen wirklich guten Basketball, besonders in der Defensive. Sie sind sehr effizient und können ihre Gegner durch ihre ebenso geschickte wie aggressive Verteidigung im Pick&Roll in Eins-gegen-Eins-Situationen zwingen. Sie haben zudem sehr variabel einsetzbare Big Men, die mehrere Positionen verteidigen können. Diese Mischung schafft eine sehr attraktive Verteidigung. Für uns ist es extrem wichtig, dass wir um die Offensivrebounds kämpfen. Das muss, zusammen mit unserer Verteidigung, unsere DNA sein. Wir wissen, dass wir, um unsere Erfolgsaussichten zu steigern, mehr Angriffe als der Gegner kreieren müssen. Da sind die Offensivrebounds ein wichtiges Element – allerdings brauchen wir eine bessere Balance zwischen dem Kampf um die zweiten Chancen und der Verteidigung des Schnellangriffs.“

JUSTUS HOLLATZ: „Natürlich sind noch immer Erinnerungen an die vergangenen Jahre da. Doch bis auf Malte Ziegenhagen, Jonas Richter und mich haben sich die Teams verändert, es gibt so viele neue Spieler. Die Erinnerungen in der kürzeren Vergangenheit sind allerdings nicht gerade positiv. Wir haben noch kein Spiel gegen Chemnitz in der BBL gewonnen. Daran wollen wir was ändern und hoffentlich am Donnerstag den ersten Sieg holen. Chemnitz steht für mich nicht ohne Grund auf dem sechsten Platz. Sie spielen eine sehr gute Verteidigung. In der Offensive haben sie ebenfalls sehr gute Spieler, von denen jeder an einem Abend für 20 Punkte gut sein kann, und insgesamt ein gutes Konzept. Es gibt nicht den einen Spieler, der heraussticht – es ist das Team, das sehr gut miteinander spielt.“