Wer hat die größeren Reserven?

Am Samstag gastieren die Hamburg Towers zum Abschluss ihrer sechstägigen Auswärtsreise bei ebenfalls personell angeschlagenen medi bayreuth. Tipoff in der Oberfrankenhalle ist um 18 Uhr. Magenta Sport überträgt ab 17.45 Uhr live – ab 18 Uhr bei Sport1 im Free-TV.

WHAT’S UP?! Insgesamt zehn Pflichtspiele bestritten die Hamburg Towers seit dem Jahreswechsel, noch vier weitere Folgen, ehe Mitte Februar eine kleine Pause winkt – dem Nationalmannschaftsfenster sei Dank. Doch bis dahin heißt es für das Team von Pedro Calles, Zähne zusammenbeißen und das Beste aus den aktuellen Gegebenheiten machen. Mit Platz neun in der easyCredit BBL, nur zwei Siege hinter dem Viertplatzierten, und bereits fünf Siegen im internationalen Wettbewerb wahren die Hanseaten, trotz der zuletzt schwierigen Wochen, den Anschluss an die Spitzenplatzierungen. Und nachdem unter der Woche der Sieg in Andorra (78:85) eine zwei Spiele andauernde Niederlagenserie im internationalen Wettbewerb beendete, soll die Partie in Bayreuth bestmöglich für selbigen Turnaround in der Bundesliga sorgen. Der kommende Gegner, medi bayreuth, musste sich in den letzten Wochen ebenfalls in Personalrochaden üben. Lediglich fünf Spieler konnten drei Viertel der bisherigen BBL-Pflichtspiele bestreiten – bei den Hamburg Towers sind es im Vergleichszeitraum immerhin zehn Akteure. Am schlimmsten getroffen hat es wohl Andreas Seiferth, der Center bestritt seit Anfang November keine Partie mehr. Bayreuths Kapitän Bastian Doreth fehlte seit Ende Dezember, meldete sich dann im vorletzten internationalen Auftritt der Oberfranken zurück und anschließend mit einer Corona-Infektion wieder ab. Der 32-Jährige wird am Samstag ebenso fehlen wie Marcus Thornton – der bisher keine Partie verpasste, in jeder in der Starting Five stand, nun aber mit einem gebrochenen Finger zum Zuschauen gezwungen ist. Eine Entspannung der Personalsituation ist auch bei den Hamburg Towers unwahrscheinlich. Topscorer Caleb Homesley ist derzeit nicht beim Team, ein Einsatz von Zach Brown nach einer Überdehnung des Knies in den letzten Minuten der Partie am Mittwoch unwahrscheinlich – immerhin ist Justus Hollatz nachgereist, ob er schon eingesetzt werden kann, entscheidet sich erst am Spieltag. Unabhängig des verfügbaren Personals blieben sich die Kontrahenten in den letzten Wochen aber treu – und hielten an ihrer Spielphilosophie fest. Disziplin, Organisation und gute Vorbereitung beschert medi bayreuth aktuell Tabellenplatz zehn – vor allem aus der Distanz (37,6%) strahlen die Oberfranken viel Gefahr aus und können jederzeit heiß laufen. Distanzwürfe bleiben auch die Lieblingsdisziplin der Towers, kein Team nimmt in der BBL (33,0 Versuche pro Spiel) mehr Würfe von jenseits der 6,75-Meter-Linie. Doch noch viel lieber kämpft das Team von Pedro Calles um jeden Ball. Kämpfen, beißen und das Beste aus den Möglichkeiten machen – genau dieses Hamburger Gesicht wird am Samstag ein weiteres Mal gefordert sein.

Kampf, Einsatz, Leidenschaft – für Max DiLeo gibt es nur 110 Prozent. | Foto: Dennis Fischer

DUELL IM FOKUS Seth Hinrichs vs. Terry Allen. Zwei Forwards, zwei unterschiedliche Spielertypen, beide aber enorm wichtig, für den Erfolg ihrer Teams. Wie wichtig, das kann man gleich an zwei Kennziffern deutlich ablesen. Beide US-Amerikaner standen in jeder von ihnen absolvierten Partie in der Starting Five, Hinrichs ist zudem der dritteffektivste, Allen der zweiteffektivste Spieler des Teams. Vom Spielstil unterscheiden sie sich jedoch deutlich. Denn während Ex-Tower Terry Allen vor allem als Scorer (12,1 PpS, Hinrichs 7,7) in Erscheinung tritt, besticht Seth Hinrichs neben seiner präsenten Help-Verteidigung auch beim Kampf um den Rebound (5,6 RpS, Allen 4,7) und mit dem Auge für den besser postierten Mitspieler (2,6 ApS, Allen 1,8). Dieser Eindruck bestätigte sich auch in den ersten beiden Aufeinandertreffen.

BLICK IN DIE GESCHICHTSBÜCHER Bereits zwei Duelle bestritten die Hamburg Towers und medi bayreuth bereits in dieser Spielzeit. Während das Achtelfinale im Magenta Sport BBL Pokal zwei Wochen nach Saisonstart verloren ging (93:84), glückte bereits 12 Tage später die Revanche im Hauptrundenhinspiel (77:70). Doch nicht nur aufgrund des Spielausgangs war es für die Hamburg Towers eine erfolgreiche Partie. Die magische Zahl am 17.10.2021 lautete 2235. Denn genau so viele Fans erlebten gegen medi bayreuth den ersten Hamburger Heimsieg vor Publikum – und damit einen weiteren Meilenstein in der noch jungen Klubgeschichte.

OFF THE COURT Mit dem Flugzeug nach Frankfurt, dann Toulouse – von dort mit dem Bus nach Andorra la Vella und anschließend den gleichen Weg bis nach Frankfurt retour und weitere knapp 280 Kilometer bis nach Bayreuth. Diesen Weg legten die Hamburg Towers an nur drei Tagen zurück. Das sind immerhin fast 3000 Reisekilometer, oder anders gesagt, eine Strecke von Hamburg bis an den südlichsten Punkt des europäischen Festlandes – Punta de Tarifa im spanischen Andalusien. Um die Reisestrapazen auf dem letzten Teilstück ins Oberfränkische so erträglich wie möglich zu gestalten und im Anschluss an die Partie in Bayreuth für eine zügige Rückreise nach Hamburg zu sorgen, machte sich der Teambus der Hamburg Towers am Donnerstagmorgen auf den Weg nach Frankfurt und nahm das Team von Pedro Calles in Empfang. Nach dem rund zweistündigen Flug war die zusätzliche Beinfreiheit im Gefährt von Reisepartner Hanse Mondial eine mehr als gelungene Abwechslung für die turmgroßen Sportler.

KURZER SCHNACK VOR DEM SPIEL

Im Hinspiel war Seth Hinrichs der effektivste Hamburger. | Foto: Dennis Fischer

PEDRO CALLES: „Auch wenn Bayreuth ebenfalls personell angeschlagen in die Partie gehen wird – es ist immer noch ein Team, das von Raoul Korner trainiert wird. Er ist ein sehr talentierter Coach. Das heißt, unabhängig davon, welche Spieler ihm letztendlich zur Verfügung stehen, wissen wir, was uns erwartet. Seine Teams sind immer sehr gut vorbereitet, spielen sehr diszipliniert und organisiert. Und er hat es geschafft, trotz der bereits zahlreichen Ausfälle auf Bayreuther Seite, auch in diesem Jahr wieder erfolgreich zu sein. Er nimmt immer wieder Veränderungen vor, um auch eine verkürzte Rotation zum Sieg zu führen. Für mein Team wird es wichtig sein, dass wir uns bis Samstag erholen, die Zeit während der Reise dafür nutzen. Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Aber die Energie wird wohl ein Schlüsselfaktor sein. Ich muss einen Weg finden, diese wieder für 40 Minuten aus meinem Team herauszukitzeln, wohl wissend, dass es nicht einfach werden wird.“

SETH HINRICHS: „Der Sieg in Andorra war gut für unser Selbstvertrauen und ein verdienter Lohn für unsere harte Arbeit. Wir müssen seit einem Monat immer wieder mit Ausfällen umgehen, daher großen Respekt an das Team. Jeder setzt sich für den anderen ein, gibt alles. Hoffentlich können wir daran am Samstag anknüpfen und auch in Bayreuth einen Weg finden, erfolgreich zu sein. Ich persönlich freue mich, zurück auf dem Feld und beim Team zu sein. Auch, wenn sich unter der Woche noch nicht alles wieder ganz rund angefühlt hat.“