Vom höchsten Towers-Sieg verzaubert

Die Hamburg Towers gewinnen gegen die HAKRO Merlins Crailsheim mit 113:63 (25:14, 58:33, 90:50) und verbuchen damit den höchsten Sieg in der Klubgeschichte. 2414 Fans sehen das 50-Punkte-Spektakel.

WIE LIEF’S Schon vor der Partie herrschte ausgelassene Stimmung. Für die Hamburg-Rückkehrer im Crailsheimer Trikot gab es beim Warm-Up einen herzlichen Willkommen-Applaus – noch größere Jubelstürme gab es für das Hamburg Towers Dance Team, das kurz vor dem Tipoff nach über anderthalb Jahren Zwangspause wieder in der edel-optics.de Arena einlief. Dann sorgte ein Kurzschluss für den Absturz der gesamten Arena-Technik – mit fünfminütiger Verspätung waren dann alle Augen auf das Spielgeschehen gerichtet. Und der Start auf dem Parkett war ebenso hochklassig, wie die Unterstützung der 2414 Fans von den Rängen. Justus Hollatz und Jaylon Brown erhöhten anschließend mit jeder gelungenen Aktion das Energielevel. Auch defensiv agierten die Gastgeber wie elektrisiert, forcierten innerhalb von drei Minuten zwei Überschreitungen der Angriffszeit auf Seiten der HAKRO Merlins Crailsheim. Mit seinem nicht aufzuhaltenden Drang zum Korb legte Justus Hollatz trotz Foul die frühe zweistellige Führung auf, die das Team von Pedro Calles mit ins zweite Viertel nahm. Mit einem Posterdunk eröffnete Lukas Meisner den zweiten Abschnitt, Maik Kotsar ließ nur 120 Sekunden später die nächste Hamburger Bewerbung für die Magenta Sport Top10 folgen. Wiederum drei Minuten später hatte Lukas Meisner den dritten Posterdunk des Abends parat. Ebenso sehenswert war der ansteckende Einsatz des gesamten Teams – Osaro Jürgen Rich und Max DiLeo schlitterten bäuchlings über das Parkett, eroberten den Ball, den Jaylon Brown anschließend zweimal eiskalt aus der Distanz durch die Reuse beförderte. Crailsheim verlor kurzerhand die Übersicht und wollte die Partie vier Minuten vor der Halbzeit mit sechs Spielern auf dem Feld fortsetzen. Doch die Unparteiischen waren in diesem Moment ähnlich aufmerksam wie die Hamburger Verteidigungsreihen. Mit seinem vierten Dreier erhöhte Jaylon Brown den Vorsprung auf 20 Zähler – und weil es so gut lief, schickte der Guard seinen fünften Distanztreffer direkt hinterher. Bis zur Halbzeit erzielte der US-Amerikaner insgesamt 23 Punkte, der Vorsprung der Hanseaten lag beim Erklingen der Sirene sogar noch zwei Zähler höher. Caleb Homesley, der kurzfristig aufgrund von Rückenbeschwerden ausfiel, zeigte sich im Interview mit Magenta Sport von der „verrückten“ Verteidigungsleistung fasziniert – ebenso wie die Fans, die ihr Team mit stehenden Ovationen in die Pause schickten. Direkt nach dem Seitenwechsel nahmen die Towers gleich wieder an Fahrt auf, Jaylon Brown erneut aus der Distanz und Justus Hollatz von der Freiwurflinie hoben die Führung auf 30 Punkte. Doch nicht nur im Scoring brillierte das Hamburger Eigengewächs – das doppelte Anspiel auf Maik Kotsar, der mittlerweile bei perfekter Wurfquote seinen 20. Punkt erzielt hatte, komplettierte das Double Double des erst 20-jährigen Lenker und Denkers. In noch ganz anderen Sphären war Jaylon Brown unterwegs, der fast beiläufig seinen siebten Distanztreffer versenkte. Vor dem Schlussviertel wuchs die Führung bis auf 42 Punkte. Der Spielausgang war bereits entschieden, doch die Hamburger sahen keinen Grund, das Spektakel vorzeitig zu beenden. Für den 100. Punkt hatte sich Pedro Calles noch etwas Besonderes überlegt – direkt nach seiner Einwechslung wurde Hendrik Drescher von Justus Hollatz mustergültig in Szene gesetzt und der Doppellizenz-Profi von Kooperationspartner SC Rist Wedel feierte mit der Dreistelligkeit seine ersten Punkte im Towers-Dress. Für ungläubiges Staunen sorgte noch einmal Max Dileo, der den Wurfversuch des 24 Zentimeter größeren Dejan Kovacevic ins Nimmerland schickte. Der Leistung absolut gerecht und weniger erstaunlich war dagegen der 50-Punkte-Sieg, mit dem die Hamburg Towers die HAKRO Merlins Crailsheim ent- und die eigenen Fans verzauberten.

TOWERS-STATS J. Brown (29, 5 Reb., 3 Ass.), DiLeo (2, 5 Reb., 6 Ass.), Rich (7), Meisner (14, 3 Reb., 3 Ass.), Christen, Kotsar (22, 4 Reb.), Hinrichs (3 Reb.), Bluiett (8, 4 Reb.), Edigin (14, 6 Reb.), Drescher (4), Hollatz (13, 4 Reb., 14 Ass.)

Duell der Local Hero – Justus Hollatz vs. René Kindzeka | Foto: Dennis Fischer

DUELL IM FOKUS Justus Hollatz vs. René Kindzeka. Es war das lang ersehnte Duell zweier Hamburger Eigengewächse. Doch während der Crailsheimer Kindzeka die Rückkehr an alte Wirkungsstätte sportlich wohl am liebsten direkt wieder vergessen will, sorgte Towers-Spielgestalter Hollatz für einen weiteren denkwürdigen Auftritt. Nach 14:19 Minuten, mit lediglich zwei Freiwürfen, dafür aber fünf Fouls endete René Kindzekas Comeback in der Arena vorzeitig. Justus Hollatz verabschiedete sich nach 28:28 Minuten dagegen in den verdienten vorzeitigen Feierabend, hatte er doch 13 Punkte, 14 Assists und 4 Assists zum höchsten Sieg der Klubgeschichte beigesteuert.

TOWER OF THE GAME Jaylon Brown war einfach nicht zu bremsen. In den 22:58 Minuten, die der US-Amerikaner auf dem Feld stand, kannte er nur ein Gas: Vollgas – und das auf beiden Seiten des Feldes. Mit insgesamt 29 Punkte stellte Brown eine neue persönliche Bestleistung in der easyCredit BBL auf. Dabei traf der quirlige Guard sieben von 11 Dreiern, ebenfalls eine neue Bestleistung. Dass sich Jaylon Brown dazu noch 5 Rebounds schnappte und drei Assists verteilte, unterstreicht die immense Spielfreude, die er gegen Crailsheim und in den letzten Wochen ausstrahlte.

WHAT’S NEXT Am Montag endet der Heimspiel-Dreier der Hamburg Towers mit der Nachholpartie im 7DAYS EuroCup gegen Lietkabelis Panevezys. Während die Hamburger zum ersten Mal in dieser Spielzeit zwei Partien in Serie gewinnen konnten, unterlagen die Litauer unter der Woche in einer dramatischen Schlussphase gegen Ankara – sechs Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit ging das türkische Team nach einer erfolgreichen Aufholjagd des litauischen Vertreters mit zwei Punkten in Führung. Dann setzte Panevezys‘ Topscorer Panagiotis Kalaitzakis zum Dreier an, verfehlte – ganz frei kam Dovydas Giedraitis anschließend aber nach einem Offensivrebounds zur Chance, die Partie in die Verlängerung zu schicken. Doch der von der Großchance überraschte Guard vergab den freien Lay-Up und somit noch die letzte Chance auf den Sieg. Vom Spielausgang profitierten auch die Hamburg Towers, die mit zwei Erfolgen in den letzten beiden Partien – sollte Lietkabelis am letzten Gruppenspieltag gegen Boulogne verlieren – sogar noch auf den fünften Platz der Gruppe A vorrücken könnten. Tickets für das letzte Heimspiel in der EuroCup-Gruppenphase gibt es online unter tickets.hamburgtowers.de und am Spieltag an der Abendkasse.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Eddy Edigin erzielte mit 14 Punkten ebenfalls eine persönliche Bestleistung. | Foto: Dennis Fischer

PEDRO CALLES: „Ich möchte meinen Spielern zu einer tollen Performance und der richtigen Einstellung gratulieren. Es ist natürlich ganz klar, dass die 50 Punkte nichts aussagen, über die beiden Teams oder die Klubs. Unser Ziel war es heute, unseren Basketball zu spielen und gegen einen direkten Konkurrenten ein gutes Spiel abzuliefern. Die Umstände, denen alle Teams und alle Klubs in dieser Saison ausgesetzt sind, haben den Sieg heute sehr hoch aussehen lassen. Das freut mich vor allem für unsere tollen Fans, die uns heute so stark unterstützt haben. Ich wünsche Crailsheim und meinem Kollegen Sebastian alles Gute und vor allem Gesundheit für den Rest der Saison.“

JUSTUS HOLLATZ: „Die Freude über den Sieg ist natürlich sehr groß. Ich glaube, solche Spiele erlebt man im Profisport nicht allzu häufig. Wir hatten vom Hinspiel noch eine Rechnung offen, dort haben wir hoch verloren. Das war für das Spiel heute natürlich eine Extra-Motivation bei jedem Spieler. Wir wollten das Spiel auf jeden Fall gewinnen und dass wir es auf diese Art und Weise geschafft haben, ist natürlich super und macht hoffentlich auch den Trainer zufrieden. Es war besonders, gegen René auf dem höchsten deutschen Level zu spielen. Als ich hier damals in der NBBL angefangen habe, hat er mich ein wenig an die Hand genommen. Es ist also ein besonderes Gefühl und immer schön, ihn zu sehen.“

EDDY EDIGIN: „Wir dürfen uns nun nach diesem Sieg nicht zu sehr loben, wir haben noch viele wichtige Spiele vor uns. Natürlich war das heute der Weg in die richtige Richtung und ein Ausrufezeichen. Den Sieg nehmen wir natürlich sehr gerne mit. Aber, wie gesagt, müssen wir weiter arbeiten und im Training alles geben, um uns weiterhin zu verbessern.“