Towers triumphieren über Euroleague-Elite

Dank eines starken Starts und einer nahezu perfekten Schlussphase sichern sich die Hamburg Towers einen 87:83 (24:13, 41:38, 66:67) Heimsieg gegen den FC Bayern München. Erste ausverkaufte Partie seit über zwei Jahren. Gute Ausgangsposition im Playoff-Rennen gesichert.

WIE LIEF’S Schon vor dem Tipoff sorgten die 3000 Fans in der edel-optics.de Arena für eine lang vermisste Gänsehaut-Atmosphäre in der ersten seit über zwei Jahren ausverkauften Partie, die einen perfekten Vorgeschmack auf mögliche Playoff-Spiele in der Hansestadt geben sollte. Dass der FC Bayern München trotz Euroleague-Playoff-Belastung in Vollbesetzung antrat, tat sein Übriges. Getoppt wurde all das jedoch vom starken Start der Hamburg Towers, die sich konzentriert und bis in die Haarspitzen motiviert sogleich in Führung brachten. Über vier Minuten stoppte das Calles-Team jeden Münchner Angriff. Gleich vier Ballverluste erzwangen die Hausherren in den ersten fünf Minuten – einen davon erarbeitete Robin Christen, der sich dafür postwendend mit zwei Dreiern belohnte. Auch offensiv waren die Hamburger deutlich präsenter, trafen elf ihrer 17 Würfe (65%), führten zum Ende des ersten Viertels zweistellig. Und provozierten damit zum Start des zweiten Abschnitts die erwartbare, fast überfällige, Reaktion der Gäste, die defensiv anzogen und mit vier Zählern in Korbnähe verkürzten. Die passende Antwort hatte einmal mehr Robin Christen parat, mit zwei weiteren Dreiern löste der Forward die defensiven Schlingen kurzzeitig, musste nach seinem zweiten Foul aber erstmal auf der Bank Platz nehmen. Ohne ihren zwischenzeitlichen Topscorer taten sich die Hamburger im Angriff schwerer, kamen in den folgenden fünf Minuten nur auf drei weitere Zähler, der Vorsprung schmolz so bis auf fünf Punkte. Doch auch der ersten schwierigen Phase des Abends hielten die Schützlinge von Pedro Calles stand, auch wenn der Punktestand etwas anderes ausdrücken wollte. Dass die Führung trotz des fünften Distanztreffers von Robin Christen zur Pause nur noch drei Punkte betrug, lag vor allem an Deshaun Thomas, der alle seine 14 Punkte vor der Halbzeit im zweiten Viertel erzielt hatte – acht davon in den letzten 100 Sekunden.

Der Euroleague-Held der Münchner setzte seinen Scoring-Run nach dem Seitenwechsel direkt fort. Dass die Towers trotzdem weiterhin in Front blieben, hatten sie zunächst Caleb Homesley zu verdanken, der ein And One und anschließend von Downtown verwandelte. Doch noch anders als zu Beginn der Partie fehlte es den Hamburgern an den Stopps in der Defensive, München kam mal zu zu einfachen und mal zu schier unmöglichen Korberfolgen. In der 27. Spielminute ging das Trinchieri-Team erstmalig in Führung. Seinen 100. Ballgewinn in der easyCredit BBL konnte der Youngster Justus Hollatz zwar nicht direkt in Zählbares ummünzen, doch gab die wieder verstärkte Defensivleistung den Ausschlag dafür, dass die Towers auch vor dem Schlussabschnitt noch auf Augenhöhe mit einem der besten acht Teams Europas lagen. Mit zwei wahnsinnigen Distanztreffern eröffnete Caleb Homesley die letzten zehn Minuten, die zunächst einer stetigen Achterbahnfahrt glichen. Sechsmal in Folge wechselte der Vorsprung hin und her, ehe die Towers fünf Minuten vor dem Ende wieder vorn lagen. Auszeit München – Auftritt der Euroleague-Elite. Coach Andrea Trinchieri vertraute auf das Personal, dass noch am Donnerstag Barcelona bezwungen hat, doch ausgerechnet Justus Hollatz, der zuvor neun Versuche erfolglos blieb, traf einen Dreier, der die Towers bis 90 Sekunden vor dem Ende in Führung hielt. Einen weiteren hatte Caleb Homesley parat, 59 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit, sprichwörtlich im letzten Augenblick, mit Ablauf der Shotclock. Nach zwei Freiwürfen von Maik Kotsar war es Lucic, der ebenfalls aus der Distanz wieder auf drei Punkte verkürzte. Doch auch der Treffer vom vermeintlich besten Clutch-Player der Liga konnte nicht verhindern, dass Max DiLeo von der Freiwurflinie den zweiten Heimsieg gegen den FC Bayern München in Folge eintütete und die gute Ausgangsposition der Hamburg Towers im Rennen um die Playoffs stärkte.

TOWERS-STATS J. Brown (12 Pkt.), DiLeo (1), Homesley (22, 5 Reb., 3 Ass.), Meisner (9), Christen (15, 3 Ass.), Kotsar (18, 10 Reb., 6 Ass.), Hinrichs (6, 6 Ass.), Bluiett, Edigin, Hollatz (4, 5 Ass., 3 Stl.)

Mit einem Double Doule (18 Pkt., 10 Reb.) war Maik Kotsar einmal mehr der effektivste Tower. | Foto: Dennis Fischer

DUELL IM FOKUS Caleb Homesley vs. Deshaun Thomas. Das Duell der beiden Liga-Topscorer im Hamburger und Münchner Trikot versprach viel und hielt noch mehr. Der Guard der Hanseaten und der Forward aus der bayerischen Landeshauptstadt lieferten sich einen Shootout, legten Punkt um Punkt für ihre Teams auf die Anzeigetafel. Während Deshaun Thomas die Hälfte seiner 28 Zähler (4/8 3er) bereits zur Pause erzielt hat und seiner Marschroute auch in der zweiten Hälfte treu blieb, drehte Caleb Homesley erst nach dem Seitenwechsel auf, erzielte 17 seiner 22 Punkte (5/8 3er) in den zweiten 20 Minuten. Und auch wenn Homesley das Scoring-Duell nicht für sich entscheiden konnte, so brachte der US-Amerikaner die schöneren und auch entscheidenden Würfe unter.

TOWER OF THE GAME Niemand hat behauptet, dass es leicht werden würde. Doch was für ein Wahnsinns-Programm Maik Kotsar gegen München abspulte, war einmal mehr aller Ehren wert. Der 25-Jährige legte sein siebtes Double Double in dieser BBL-Spielzeit auf, war einmal mehr der effektivste Hamburger, auch weil er immer wieder einen Weg fand – in Szene gesetzt von seinen Teamkollegen – sich gegen den elitären Frontcourt der Münchner durchzusetzen. Nach kräftezehrenden 37 Minuten Einsatzzeit leuchteten auf der Anzeigetafel 18 Punkte, zehn Rebounds und sechs Assists neben Maik Kotsars Namen.

WHAT’S NEXT In nur drei Tagen steht die nächste Partie gegen einen Hochkaräter auf dem Programm der Hamburg Towers – am Mittwoch (27.04.) treffen wir Hamburg Towers auf den zweiten deutschen Euroleague-Teilnehmer ALBA BERLIN. Bei den Hauptstädtern ist im Vergleich zu den Münchnern die Saison auf internationalem Parkett bereits beendet, was den aktuellen Tabellenzweiten aber nicht weniger gefährlich macht. Kämpfte das Team von Aito-Nachfolger Israel Gonzalez streckenweise mit Verletzungspech, stehen dem amtierenden Meister und Pokalsieger außer Marcus Eriksson und Tim Schneider derzeit wieder alle Spieler zur Verfügung. Mit sieben Siegen in Serie haben die Berliner derzeit die zweitlängste Erfolgsserie. Gleich 13 Akteure stehen durchschnittlich länger als 15 Minuten auf dem Parkett, ebenso ausgeglichen zeigt sich das Team um Ex-Tower Louis Olinde auch im Scoring – zwölf Spieler legen im Schnitt sechs oder mehr Zähler auf, Topscorer hinter dem verletzten Eriksson ist Oscar da Silva (11,3). Tipoff in der vorverlegten Partie des 33. Spieltages ist um 19 Uhr, Magenta Sport überträgt ab 18.45 Uhr live.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Gegen die Shotclock – Caleb Homesley lieferte wichtige Punkte in der zweiten Hälfte. | Foto: Dennis Fischer

PEDRO CALLES: „Ich möchte meinen Spielern zu einer tollen Leistung gratulieren, das war ein starker Kampf. Wir haben in den entscheidenden Phasen unsere Würfe versenkt. Allerdings haben wir diese heiße Phase bereits in den 37 Minuten zuvor gut vorbereitet. Diese Atmosphäre heute war wirklich besonders, die Towers-Fans in unserem Rücken zu haben, hat zum Sieg verholfen. Das haben wir in den letzten zwei Jahren so sehr vermisst. So konnten wir zeigen, was wir gemeinsam leisten können. Ich hoffe, dass ich davon noch mehr erleben werde. Dem FC Bayern Basketball wünschen wir nun für die Euroleague-Playoffs viel Erfolg, das ist für den deutschen Basketball ein weiterer großer Schritt.“

ROBIN CHRISTEN: „Das ist heute ein besonderes Gefühl, dass wir solch eine starke Mannschaft – eine der besten in Europa – zuhause schlagen konnten. Wir haben ab der ersten Sekunde eine unglaubliche Energieleistung gezeigt, sind als Team gewachsen und haben uns mit einem knappen Sieg gegen einen starken Gegner belohnt.“

CALEB HOMESLEY: „Der Coach hat uns so viel Selbstbewusstsein geschenkt, er gibt uns das Vertrauen für jeden Wurf. Heute konnten wir uns als Team mit unserer harter Defense auch in der Offensive damit belohnen. Wenn man am Ende der Saison Spiele gewinnt, ist das besonders wichtig. Wir können nicht beeinflussen, wie die anderen Teams im Rennen um die Playoffs spielen. Heute konnten wir allerdings das Spiel nach unserem Geschmack zu Ende bringen – das fühlt sich natürlich sehr gut an.“