Riesenleistung im Zwergstaat

Die Hamburg Towers kämpfen sich nach 16-Punkte-Rückstand zurück und sichern sich mit 78:85 (19:7, 35:37, 62:61) bei MoraBanc Andorra den fünften Sieg im 7DAYS EuroCup.

WIE LIEF’S Der Ausfall von Hamburgs EuroCup-Topscorer Caleb Homesley trübte im Vorfeld die Freude über die Rückkehr von Seth Hinrichs und Lukas Meisner. Zurück in der Starting Five, und mit Homesleys Paradedisziplin, einem Dreier, eröffnete der genesene Hinrichs die Partie. Defensiv standen die Hanseaten zunächst gut, hatten das ein ums andere Mal die Finger im Passweg. In der Offensiv dagegen fehlte die Genauigkeit im Abschluss. Die Hausherren, ebenfalls von Personalproblemen geplagt, präsentierten sich dagegen in den ersten fünf Minuten deutlich treffsicherer. Weil die Towers nach dem ersten Abschluss über sechseinhalb Minuten punktlos blieben, konnte sich MoraBanc Andorra eine erste deutliche Führung herausspielen. Ein 4:0-Mini-Run von Maik Kotsar sorgte zum Ende der ersten zehn Minuten für einen minimal versöhnlichen Abschluss, wurde aber auch durch eine Verletzung von Andorras Olumyiwa, und dem damit verbundenen Bruch im Spielfluss der Hausherren, begünstigt. Dank zwei früher Distanztreffer im zweiten Abschnitt zog Andorra zwischenzeitlich bis auf 16 Zähler davon. Doch die leidgeprüften Towers fanden in einem 8:0-Lauf, den der stark aufspielende Maik Kotsar abschloss, die richtige Antwort. Eine Auszeit Andorras bremste das Momentum vorerst. Zwar verkürzten die Hamburger bis auf sechs Zähler, doch konnte das Calles-Team aufgrund zahlreicher Fehler zunächst kein Kapital aus ihrer wiedererstarkten Defensive schlagen. An der Freiwurflinie holte sich der zuvor glücklose Jaylon Brown Selbstvertrauen und verkürzte per Dreier auf einen Punkt. Insgesamt 19 Zähler legte der US-Amerikaner im zweiten Viertel auf, sorgte mit seinen Dreiern vier und fünf gleich zweimal für eine Führung und sicherte diese mit zwei weiteren Treffern von der Freiwurflinie ab. Insgesamt 31 der 37 Zähler bis zur Pause gingen auf die Konten von Jaylon Brown und Maik Kotsar (12). Die weiteren sechs Punkte verbuchten die beiden Rückkehrer Hinrichs und Meisner, mit je einem getroffenen Dreier. Direkt nach dem Seitenwechsel trug sich dann auch Max DiLeo in die Punktestatistik ein – die ersten fünf Hamburger Punkte im dritten Viertel erzielte der Kapitän. Deutlicher absetzen konnten sich die Towers zunächst aber nicht, weil sie den Hausherren immer wieder zweite Wurfchancen gewährten. Ein Dreier mit Brett von Lukas Meisner ebnete den Weg zu einer Fünf-Punkte-Führung, die zumindest für knapp 90 Sekunden Bestand hatte. Anschließend tauschten beide Teams reihenweise Körbe aus, Andorra eroberte sich die Führung zurück. Mit dem letzten Treffer, ein Dreier zum Ertönen des Buzzers, konnte Robin Christen zum Ende des dritten Viertels auf einen Zähler Rückstand verkürzen. Das Duo Kotsar-Brown sorgte für einen gelungenen Beginn in den Schlussabschnitt, Max DiLeo krönte den 7:0-Start mit einem Alley-Oop. Während Andorra die Auszeit beantragte, stieg bei den Towers der Glaube an die Überraschung – und setzte letzte Kräfte frei. Auch in kniffligen Situationen behielten die Hamburger die Übersicht und die Nerven und erhöhten ihren Vorsprung vier Minuten vor dem Ende auf 12 Punkte. Entschieden war aber noch nichts – innerhalb von vierzig Sekunden verkürzte Andorra durch zwei Dreier. Ein erfolgreicher Mitteldistanztreffer von Seth Hinrichs mit Ablauf der Wurfuhr ging aufgrund der anschließenden Verletzung von Zach Brown ein wenig unter, verschaffte den Hanseaten aber wichtige Sekunden. Die Schlussminute eröffnete Andorra mit einem krachenden Dunk. Doch Maik Kotsar, mit einem Anspiel über das komplette Spielfeld auf Robin Christen, hatte ein weiteres Mal die passende Antwort. Andorras Buzzerbeater konnte die positive Stimmung über den fünften Sieg im 7DAYS EuroCup, den überraschenden Erfolg gegen das Team, das nur drei Tage vorher gegen Real Madrid siegte, nicht trüben – auch weil der direkte Vergleich dennoch auf die Seite der Hamburg Towers wechselte.

TOWERS-STATS J. Brown (32, 4 Reb., 6 Ass., 3 Stl.), Z. Brown (2), Walker, DiLeo (13, 6 Ass., 4 Stl.), Meisner (6, 4 Reb.), Christen (7, 5 Reb., 4 Ass.), Kotsar (20, 8 Reb.), Hinrichs (5, 6 Reb., 3 Ass.), Edigin (4 Reb.)

Mit gutem Pick&Roll spielten Max DiLeo und Maik Kotsar ihre Gegner schwindelig. | Foto: Martin Imatge

DUELL IM FOKUS Maik Kotsar & Max Dileo vs. MoraBanc Andorra. Gemeinsam spielte das Center-Guard-Duo die Defensivreihen des Teams aus dem Zwergstaat schwindelig – und das mit einem ganz einfachen Mittel. Pick&Roll par excellence präsentierte das Hamburger Duo und brachte sich dadurch entweder selbst in aussichtsreiche Position (20 Pkt. Kotsar, 13 DiLeo), fand die freien Mitspieler (6 Ass. DiLeo) oder zwang die gegnerische Defensive zum Foul – insgesamt 12 Regelüberschreitungen (8 Dileo, 4 Kotsar) hing das Duo ihren Gegenübern an. Und auch defensiv war das Duo voll zur Stelle – während sich Max DiLeo vier Steals sicherte, schnappte sich Maik Kotsar acht ganz wichtige Rebounds.

TOWER OF THE GAME Erst schien bei Jaylon Brown gar nichts zu gehen. Dann explodierte der Guard und hauchte den angeschlagenen Towers neues Leben ein. Im zweiten Viertel erzielte Brown 19 seiner 32 Zähler, traf in den zehn Minuten vor der Pause fünf von sechs Versuchen aus der Distanz. Und auch in der zweiten Hälfte war der US-Amerikaner, trotz Sonderbewachung von Andorra Anführer Codi Miller-McIntyre, in den wichtigen Phasen stets zur Stelle. Mit insgesamt 32 Punkten, darunter sieben getroffenen Dreiern, 4 Rebounds und 6 Assists in 39:08 Minuten Spielzeit stellte Jaylon Brown gleich reihenweise neue persönliche Bestwerte im 7DAYS EuroCup auf.

WHAT’S NEXT Nach einer kurzen Nacht und einem frühen Frühstück machen sich die Hamburg Towers am Donnerstagvormittag auf die Rückreise – mit dem Bus wieder nach Toulouse und von dort erneut mit dem Flieger nach Frankfurt. In Mainhattan angekommen, geht es aber nicht in die vertraute Heimat, sondern auf direktem Weg nach Bayreuth. Im beschaulichen Oberfranken steht am Samstag (18 Uhr) bereits das nächste Pflichtspiel für das Team von Pedro Calles an. Bereits zwei Partien bestritten die Towers in dieser Saison gegen Bayreuth – eine im Pokal und eine im Ligabetrieb. Und während das Pokal-Achtelfinale (93:84) noch mit einer Niederlage endete, sicherten sich Robin Christen & Co. im Hauptrundenhinspiel einen 77:70-Heimsieg. Ähnlich wie die Hamburger plagen auch die Bayreuther aktuell Verletzungs- und Corona-Sorgen. Center Andreas Seiferth bestritt Anfang November sein letztes BBL-Spiel, Kapitän Basti Doreth verpasste sechs Bundesligapartien, feierte auf internationalem Parkett sein Comeback und musste dann jedoch mit Wochenbeginn in Quarantäne. Es wird also ein weiteres Mal darauf ankommen, welches Team die meisten Reserven mobilisieren kann.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Gegen MoraBanc Andorra gelangen Jaylon Brown zahlreiche persönliche Bestleistungen. | Foto: Martin Imatge

PEDRO CALLES: „Ich bin unglaublich stolz auf meine Spieler, auf alle, die heute hier waren, und auch auf die, die aufgrund der derzeitigen Situation leider nicht dabei sein konnten. Wir fangen jetzt aber nicht an, darüber nachzudenken, ob wir damit die nächste Runde erreicht haben oder nicht. Für mich geht es erstmal um das nächste Training und um die Frage, wie viele Spieler mir dort zur Verfügung stehen. “

JAYLON BROWN: „Wir haben nie aufgehört Druck zu machen, haben als Team sehr gut zusammengehalten. Andorra ist eine wirklich gute Mannschaft, das wussten wir. Uns blieb heute nichts anderes übrig, als den Kampf anzunehmen. Wir wussten, dass es auf unsere Defensive ankommen wird. Wir haben das Spiel auf uns zukommen lassen und das hat sich heute für uns ausgezahlt. Mit Caleb und Justus haben uns heute wichtige Spieler gefehlt, da war es an uns andere, diese Lücken zu schließen. Ich mag es aggressiv zu sein, konnte heute noch einen Gang hochschalten, und damit meinem Team zum Sieg verhelfen.“

MAX DILEO: „Der Schlüssel zum Sieg heute war, dass wir über das ganze Spiel gut verteidigt haben. Offensiv war unser Start nicht gut, aber wir haben Andorra nicht enteilen lassen. Wir haben immer daran geglaubt, dass, wenn wir weiter gut verteidigen, unsere Offensive auch kommen wird .Es war nur eine Frage der Zeit. Nach den zuletzt schwierigen Wochen ist es ein toller Erfolg. Aufgrund der Ausfälle müssen einige Spieler eine andere Rolle einnehmen – das bringt aber auch wieder neue Chancen mit sich. Jeder von uns zieht daraus mehr Energie, gleichzeitig schweißt es uns noch enger zusammen. Alle im Team sind harte Fighter, das konnte man in den letzten Spielen schon sehen, heute wurden wir dafür auch belohnt.“