Musterschüler und Lehrmeister

James Woodard bringt nicht nur einen sehr bekannten Spitznamen mit nach Hamburg, sondern hat auch die Philosophie des Coaches bereits verinnerlicht. Während er in der Vorbereitung seine neuen Mitspieler kennenlernt, kann er gleichzeitig seinen Erfahrungsschatz teilen.

Was haben Kaugummi, Honig und Saft gemeinsam? Genau, sie kleben. Außerhalb ihres eigentlich vorherbestimmten Einsatzgebietes ist das allerdings eine äußerst ärgerliche Eigenschaft. Unter den Schuhen oder in den Haaren, auf der Kleidung oder dem Tisch – einmal am falschen Platz rauben sie einem den letzten Nerv. Ganz anders James ‚Juice‘ Woodard. Es ist genau dieses verbindende Element, sowohl auf als auch abseits des Feldes, was ihn zu einem ganz wichtigen Teil im neuen Team der Veolia Towers Hamburg werden lässt. Ein echter Glue-Guy und ein überaus zäher Sportler. Seine Entscheidung, nach Hamburg zu kommen, fiel ihm leicht, auch weil er bereits in der Saison 2019/20 unter Raoul Korner gespielt hat. Der erneuten Zusammenarbeit haftet eine erfolgreiche Geschichte an, denn in Bayreuth absolvierte James Woodard seine bisher stärkste Profisaison. Seine Erfahrungen im System Korner gibt der 28-Jährige im Trainingslager bereits an seine neuen Teamkollegen weiter. Lernen und Lehren begleitet ihn bereits sein ganzes Leben.

Als mittleres Kind von drei Geschwistern – seine Schwester ist vier Jahre älter, sein Bruder knapp zwei Jahre jünger – hatte es James Woodard nach eigener Aussage leicht. Er profitierte von den Erfahrungen seiner großen Schwester, die er liebevoll seine zweite Mutter nennt, und konnte eigene Erlebnisse mit seinem kleineren Bruder teilen, auch auf dem Basketballfeld, wo sie während der High School zusammenspielten, ohne ihn aber seine eigenen Fehler wiederholen zu lassen. Hamburgs neuer ‚Juice‘ war kein Kind, das Ärger anzog, stattdessen wusste er, diesen zu vermeiden. In seinem Freundeskreis galt er als der Vernünftige. So fiel ihm das Lernen in der Schule nicht schwer. Ebenso wenig an der University of Tulsa, an der er nach vier erfolgreichen Jahren mit 1.881 Punkten als viertbester Scorer – und einziger Absolvent, der sein Team in vier Jahren im Scoring anführte – der Uni-Geschichte abschloss.

Mittlerweile ist der 28-Jährige selbst Vater einer einjährigen Tochter. Seit sie im August 2021 geboren wurde, ist es derzeit das erste Mal, dass der US-Amerikaner über einen längeren Zeitraum von seiner Familie getrennt ist. Dennoch lässt sich der Linkshänder keinen einzigen Tag, keinen Entwicklungsschritt entgehen. Gegen die Zeitverschiebung telefoniert er täglich mit seiner Frau Emily, schaut Töchterchen Kaiya Jaye beim Spielen zu. Denn das wichtigste für ihn ist es, das haben ihm seine Eltern so beigebracht, sich um seine Familie zu kümmern. Weil er für seine Familie alles tun würde, meisterte er gemeinsam mit seiner Frau Emily auch die schwerste Herausforderung seines Lebens. Im Jahr 2020 wurde ihr erstes gemeinsames Kind tot geboren. Zusammen haben sie einen Weg gefunden, den schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten. Ohne zu vergessen, blicken die beiden in die Zukunft – das dritte Kind ist bereits auf dem Weg und soll im Oktober/November das Licht der Welt erblicken. Sobald Mama Emily und das Neugeborene die Geburt gut überstanden haben und in der Lage sind zu fliegen, ist die Reunion in Hamburg fest geplant.

Bis es so weit ist, investiert James Woodard die Zeit ebenso in seine zweite, neue Familie, das Team der Veolia Towers Hamburg. In Bayreuth, unter Raoul Korner, hat der US-Amerikaner gelernt, dass Teamchemie ein essenzieller Baustein jeder erfolgreichen Mannschaft ist. Also tut er alles, um seine neuen Mitspieler richtig kennenzulernen, sie zu vereinen. Dabei hilft ihm seine stets positive, zuvorkommende und freundliche Art. Auch im sportlichen Bereich möchte er seine neuen Teamkollegen abholen, ihnen die Philosophie von Coach Korner, die ihm in Bayreuth zu durchschnittlich 13,4 Punkten bei über 40 Prozent Dreierquote sowie 3,9 Rebounds und 1,9 Assists verhalf, näherbringen. Er will ein Vorbild sein, mit seinem unbändigen Ehrgeiz anstecken, der ihn im letzten Jahr in Ludwigsburg eine Armverletzung hinter sich lassen und zum X-Faktor des Teams in den Playoffs reifen ließ. Statistiken sind für James Woodard aber nur eine Randnotiz, er will als Team gewinnen, dafür tut er alles, was er kann – so wie für seine Familie. So hat er es gelernt, so wird er es lehren.