Mit zu vielen Fehlern um den Lohn gebracht

Die Hamburg Towers kontrollieren die Partie in der ersten Hälfte, doch reihenweise verpasste Freiwürfe, zu viele Ballverluste und eine deutliche Unterlegenheit beim Rebound in der zweiten Halbzeit ermöglichen den Telekom Baskets Bonn den 89:81 (15:26, 37:46, 66:62) Erfolg. Mit 0:2-Rückstand wechselt die Serie am kommenden Freitag (20.05., 19 Uhr) nach Hamburg.

WIE LIEF’S Vor Spielbeginn war diesmal deutlich weniger los als noch am Freitag. Die Handtuch-Helikopter machten einem Fahnenmeer Platz, die Lautstärke im Dome auf dem Hardtberg hatte sich wieder auf Normalniveau eingepegelt. Auf dem Parkett dagegen blieben beide Teams bei ihrer Marschroute aus dem Premierenspiel. Und wieder gingen die Hamburg Towers früh in Führung, weil sie vor allem in Korbnähe gut trafen und den Telekom Baskets Bonn in den ersten drei Minuten keinen einzigen Rebound erlaubten. Einen besonders guten Start erwischte Max DiLeo, der fünf der ersten neun Punkte erzielte und mit seinem Einsatz – inklusive Sprung über die Werbebande – den Takt vorgab. Nachdem Caleb Homesley beim Dreier gefoult wurde und an der Freiwurflinie fehlerfrei geblieben war, war der Vorsprung erstmalig zweistellig. Mit viel Raffinesse hing Jeremy Morgan Seth Hinrichs beim Kampf um den Rebound sein zweites persönliches Foul an – doch auch ohne den vielseitigen Forward hielten die Hamburger mit starkem Teamplay ihre Führung aufrecht. Die Bonner Wurfquote aus dem Feld lag lange Zeit unter zehn Prozent. Doch mehr clever als verdient brachten sich die Baskets immer wieder an den Charity Stripe, denn von dort trafen sie hochprozentig. Die Hamburger kamen dank dynamischer Drives zwar auch immer wieder an die Freiwurflinie, ließen dort aber zehn Versuche liegen – der Elf-Punkte-Vorsprung zum Ende des ersten Viertels wurde dem dominanten Auftritt der Towers absolut nicht gerecht. Auch im zweiten Viertel hielten beide Teams die Intensität hoch. Und obwohl sich die Calles-Truppe ein paar überhastete Ballverluste leistete, hielt das zweistellige Punkte-Polster. Zumindest bis fünf Minuten vor der Halbzeit, dann meldeten sich die Hausherren nach einer Auszeit mit fünf schnellen Punkten zurück und verkürzten auf sieben Zähler. Doch auch der kurzen Bonner Drangphase hielten die Hanseaten zunächst stand, weil Maik Kotsar im siebten und Lukas Meisner im fünften Anlauf endlich von der Freiwurflinie trafen – vor allem aber, weil die Hamburger weiter mit starken Teamplay überzeugten. Gleich 14 von 15 Abschlüssen ging ein Assist voraus, neun der elf bis zur Halbzeit eingesetzten Akteure trugen sich in die Statistik ein. Der Vorsprung betrug trotz Überlegenheit beim Rebound aber nur bei neun Punkte – was neben der Freiwurfschwäche auch an zu vielen Ballverlusten (11) lag.

Nach dem Seitenwechsel trat dann genau das ein, was zu befürchten war. Bonn eröffnete die zweite Hälfte mit vier Punkten in Serie, Hamburg mit drei Ballverlusten. Der Vorsprung schrumpfte in nicht einmal drei Minuten auf drei Punkte. Head Coach Pedro Calles verzichtete auf eine Auszeit, denn nach Korblegern von Maik Kotsar und Jaylon Brown entstand kurzzeitig der Eindruck, die Hamburger könnten die Kontrolle zurückerlangen. Doch der Schein trog – Bonn schnappte sich jetzt auch die Offensivrebounds, traf drei Dreier in Serie und ging zum ersten Mal in der Partie in Führung. Anschließend wechselte der Spielstand mit jedem Angriff. Dann unterlief den Towers 23 Sekunden vor dem Viertelende ein weiterer Ballverlust. Parker Jackson-Cartwright nutzte die Chance für seinen dritten Distanztreffer in diesem Abschnitt und brachte sein Team vor dem Schlussabschnitt auf vier Punkte weg. Mit einem weiteren Dreier eröffnete PJC die letzten zehn Minuten und erhöhte die Hypothek auf sieben Zähler. Die Towers wirkten müde, weit weg von der unbändigen Entschlossenheit der ersten zehn Minuten. Ohne Fremdeinwirkung blieb Caleb Homesley auf dem Parkett liegen, musste mit schmerzverzerrtem Gesicht ausgewechselt werden. Aufgegeben hatten sich die Towers aber noch nicht. Jaylon Brown hielt mit einem Dreier den Anschluss, der mit neuem Schuhwerk zurückgekehrte Homesley verkürzte wieder auf fünf Punkte. In den nächsten drei Minuten pendelte sich der Rückstand bei sieben Punkte ein, ehe Jaylon Brown und Caleb Homesley mit zwei wichtigen Dreiern auf einen Zähler verkürzten – und alles für eine spannende Crunchtime vorbereiteten. Doch die blieb aus, weil bei den Hamburg Towers nichts mehr ging und die Telekom Baskets Bonn mit einem 8:0-Lauf für die vorzeitige Entscheidung im zweiten Viertelfinale sorgten. Die verbliebenen 90 Sekunden vergingen, ohne weitere Wendung – sodass die Viertelfinalserie mit einem 0:2-Rückstand am kommenden Freitag nach Hamburg wechseln wird.

TOWERS-STATS J. Brown (21, 4 Reb., 5 Ass.), Z. Brown (3), DiLeo (5), Homesley (15, 3 Reb., 3 Ass.), Rich, Meisner (9, 3 Reb., 2 Stl.), Christen (6), Kotsar (8, 15 Reb.), Hinrichs (2, 6 Reb., 4 Ass.), Edigin (6), Hollatz (6, 5 Ass., 2 Stl.)

Max DiLeo gab den Takt während der starken Startphase vor. | Foto: Jörn Wolter

DUELL IM FOKUS Zur Halbzeit lagen die Hamburg Towers im Rebound-Duell noch deutlich vorn. Auch weil Maik Kotsar elf seiner insgesamt 15 Rebounds bereits in den ersten zwanzig Minuten einsammelte und damit entscheidenden Anteil daran hatte, dass die Baskets in der ersten Hälfte insgesamt nur zwei Offensivrebounds abgreifen konnten. In der zweiten Hälfte dagegen drehte sich das Blatt komplett. Maik Kotsar & Co. bekamen fast keinen Zugriff mehr auf das Reboundgeschehen, ganze 12 Offensivrebounds landeten in der zweiten Halbzeit in den Bonner Händen – letzten Endes ging sogar das komplette Reboundduell noch an die Gastgeber.

TOWER OF THE GAME Schon zur Pause war Jaylon Brown mit acht Zählern bester Punktesammler in einer bis dahin sehr ausgeglichen auftretenden Hamburger Mannschaft. Am Ende leuchteten 21 Zähler für den 27-Jährigen auf der Anzeigetafel, der vor allem in der zweiten Halbzeit die offensive Lebensversicherung der Towers war. Zudem war der US-Amerikaner in seinen 32:10 Minuten Einsatzzeit ein wichtiger Faktor für das Teamplay, steuerte insgesamt vier Rebounds und fünf Assists bei.

WHAT’S NEXT Am kommenden Freitag (20.05., 19 Uhr) kehrt die Viertelfinalserie nach Hamburg. Und mit einer Kampfansage forderte Head Coach Pedro Calles alle Towers-Fans auf, ihrem Team in Spiel drei den Rücken zu stärken. Denn, wenn es nach den Towers geht, dann hat die Serie mindestens ein viertes Spiel verdient – vor allem aber hat die #TowersFamily nach dieser nicht einfachen Saison mindestens ein zweites Playoff-Heimspiel in der Hansestadt verdient.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Wie schon in Spiel ein avancierten Jaylon Brown und Parker Jackson-Cartwright zu den Topscorern ihrer Teams. | Foto: Jörn Wolter

PEDRO CALLES: „Wir hatten zwei ganz unterschiedliche Halbzeiten, fast zwei verschiedene Spiele gesehen. Wir sind extrem gut gestartet, waren sehr fokussiert und haben sehr physisch gespielt. Aber die Vorteile, die wir daraus gewonnen haben, hätten deutlich größer sein müssen. Wir haben an der Freiwurflinie zu viel liegen lassen. Es war klar, dass Bonn mit einem anderen Gesicht aus der Kabine kommen wird. In der zweiten Hälfte haben wir vergessen, dass physisch zu spielen und nach einem Abschluss auszuboxen zwei der wichtigsten Aspekte in dieser Serie sind. Das haben wir in der zweiten Halbzeit komplett vermissen lassen. Was ich jetzt sehen will, sind 3400 Leute in Wilhelmsburg, die uns jetzt unterstützen. Denn diese Spieler geben alles und jetzt erwarte ich von unseren Fans, dass sie ebenso alles geben werden. Wir sehen uns in Wilhelmsburg.“

JAYLON BROWN: „Bonn hat in der zweiten Halbzeit härter gespielt als wir. Und das hat uns am Ende das Genick gebrochen – wir haben nicht so physisch gespielt, wie wir sollten. Ich denke nicht, dass Müdigkeit eine Rolle gespielt hat. Es geht darum, wer es mehr will. Und wir hätten es in der zweiten Halbzeit noch mehr wollen müssen. Wir müssen besser sein als heute.“