Ludwigsburger Schlussoffensive beendet Defensiv-Feuerwerk

Die Hamburg Towers unterliegen den MHP RIESEN Ludwigsburg mit 75:79 (24:17, 39:34, 58:56) in einer defensivgeprägten Partie. Während die Ludwigsburger vorübergehend auf Tabellenplatz drei vorrücken, bleiben die Hanseaten Neunter.

WIE LIEF’S Das Duell der Hamburg Towers gegen die MHP RIESEN Ludwigsburg erfüllte von der ersten Sekunde an, was es versprochen hatte. Beide Teams schenkten sich auf dem Parkett keinen Zentimeter. Und obwohl sich die Gäste – genau genommen Jonas Wohlfarth-Bottermann – bereits in den ersten fünf Minuten zahlreiche zweite Wurfchancen sichern konnten, stellte Seth Hinrichs per Jumper aus der Mitteldistanz den Anschluss her – und zwang John Patrick damit zur Auszeit. Doch auch die Kurzunterbrechung brachte die Towers nicht aus dem Rhythmus – im Gegenteil. Erst erzielte Justus Hollatz per And-One die erste Führung, mit zwei Abschlüssen krönte Lukas Meisner einen 13:0-Lauf und hing „WoBo“ nach sieben Minuten bereits das dritte Foul an. Ohne Big Men wechselte Ludwigsburg in den Small-Ball-Modus. Doch trotz fünf schnellen Punkten der Gäste blieben die Hanseaten das spielbestimmende Team und zum Viertelende in Führung. Ganz zur Freude der 2160 Fans in der gut gefüllten edel-optics.de Arena, die die Leistung mit Standing Ovations quittierten. Auch im zweiten Viertel fiel die Energiekurve bei beiden Kontrahenten nicht ab. Die deutlichen Größenvorteile münzten die Hamburger anfänglich zwar immer wieder in Offensivrebounds um, mehr Kapital konnten die Gastgeber aber nicht daraus schlagen. Auch, weil Jonah Radebaugh seine Ludwigsburger mit fünf Zählern im Spiel hielt und Lukas Herzog zweimal aus dem Fastbreak auf zwei Zähler verkürzte. Pedro Calles registrierte, dass sein Team zu ausrechenbar agierte – und passte das Line-Up an. Die Hereinnahmen von Lukas Meisner und Robin Christen zeigten prompt Wirkung. Eine sehenswerte Ballstafette vollendete Christen aus der Distanz und erhöhte wieder auf sieben Zähler. Weil die Verteidigung in den verbleibenden 95 Sekunden auf beiden Seiten weiterhin das Geschehen dominierte, änderte sich auch zur Halbzeit an der bis hierhin verdienten Führung der Hamburg Towers. Auch nach dem Seitenwechsel setzten beide Teams erst einmal wieder defensive Akzente. Während Ludwigsburg ausschließlich den Weg zum Korb suchte, gestalteten die Towers ihre Wurfauswahl ausgeglichener – Max DiLeo und Seth Hinrichs trafen aus der Distanz. Als Wohlfarth-Bottermann beim Kampf um den Rebound sein viertes Foul sammelte, hatten die Towers in der Folge zwar wieder Größen- und Reboundvorteile, doch gelang es erneut nicht, die Vorteile unter dem Korb auszunutzen. Stattdessen verkürzte Ludwigsburg auf drei Zähler. Prompt machte Pedro Calles seine Aufstellung ebenfalls kleiner – und erneut zahlte sich das aus. Nach guter Ballbewegung waren Jaylon Brown und Seth Hinrichs an der richtigen Stelle und erhöhten wieder auf plus sieben. Die letzten Sekunden im dritten Abschnitt gehörten dann wieder den Gästen – Bartolo von der Freiwurflinie und Jacob Patrick mit einem abgezockten Dreier drehten vor dem Start der letzten zehn Minuten gehörig an der Spannungsschraube. Gegen den nun noch einmal zunehmenden Ludwigsburger Druck verschaffte Max DiLeo seinem Team zum Start in den Schlussabschnitt etwas Luft. Die Spannung war mehr als spürbar. Nach einem Ballgewinn von Justus Hollatz, den der Youngster im Fastbreak vollendete, nahm John Patrick die Auszeit – Pedro Calles feuerte die Fans an. Und wie seine Jungs auf dem Parkett folgten auch alle auf den Rängen bedingungslos der Instruktion des Spaniers. Alle, bis auf Jordan Hulls, der sich mit drei Dreiern als Crowd-Silencer versuchte. Die Stimmung auf den Rängen hielt, auf dem Parkett gerieten die Hamburger allerdings zum ersten Mal seit der sechsten Spielminute in Rückstand. Zum Start der Crunchtime wuchs die Hypothek auf sechs Punkte, ehe ein Dreier von Robin Christen die Nerven aller bis zur Belastungsprobe spannte. Das bessere Nervenkostüm hatten am Ende des Abends leider die Ludwigsburger, die in den finalen zwei Minuten nur drei Towers-Zähler zuließen und von der Freiwurflinie endgültig die Punkte aus der Hansestadt entführten.

TOWERS-STATS J. Brown (2), DiLeo (13, 3 Reb.), Homesley (2, 4 Ass.), Meisner (9), Christen (9), Kotsar (11, 11 Reb., 4 Stl.), Hinrichs (19, 11 Reb.), Edigin, Hollatz (10, 11 Ass.)

Mit 19 Punkte stellte Seth Hinrichs eine persönliche Saisonbestleistung auf. | Foto: Marvin Contessi

DUELL IM FOKUS Justus Hollatz vs. Jordan Hulls. Die beiden Guards waren die Schlüsselfiguren im Schlussabschnitt. Erst fing Hollatz einen Pass von Hulls ab und erhöhte die Towers-Führung auf sechs Zähler. Doch das war nur der Auftakt in die spielentscheidende Sequenz. Denn anschließend revanchierte sich Hulls mit drei Dreiern, zwei davon durch den Hamburger Youngster äußerst eng verteidigt, und sorgte für den entscheidenden Führungswechsel. Am Ende leuchteten 10 Punkte und 11 Assists für Justus Hollatz auf der Anzeigetafel, Jordan Hulls verbuchte 16 Punkte und zwei Vorlagen.

TOWER OF THE GAME Seth Hinrichs misst nur zwei Meter – dennoch hatte der Forward über die meiste Zeit deutliche Größenvorteile. In den direkten Duellen wusste der Amerikaner diese zu nutzen, markierte mit 19 Punkten, zehn davon bereits zur Halbzeit, eine persönliche Saisonbestleistung und stellte zudem mit 11 Rebounds seinen Bestwert aus der Partie gegen Oldenburg vor zwei Wochen ein. Trotz der nervenaufreibenden Atmosphäre hatte Hinrichs seine Nerven im Griff, acht von 11 Würfen (73%) fanden das Ziel – zudem erlaubte sich der 28-Jährige in 32:14 Minuten nur einen Ballverlust.

WHAT’S NEXT Aufgrund des Ausschlusses des russischen Klubs aus Krasnodar ruht für die Hamburg Towers der Spielbetrieb im 7DAYS EuroCup – spielfrei gibt es für die Schützlinge von Pedro Calles trotzdem nicht. Da bereits vor dem Sieg gegen Wroclaw die Chancen auf die Teilnahme am Achtelfinale (19./20. April) sehr gut standen, musste die für den 20.04. geplante Auswärtspartie in Chemnitz verlegt werden. Und so bot die internationale Spielpause die perfekte Gelegenheit, das Spiel bei den NINERS Chemnitz auf kommenden Donnerstag (24.03., 19 Uhr) zu verlegen. Die Sachsen verloren zuletzt zwei Partien in Serie, zuvor lieferte Chemnitz dem späteren Pokalsieger aus Berlin ein spannendes Duell im Top Four Halbfinale. Die Chancen für die erste Playoff-Teilnahme des Teams von Rodrigo Pastore stehen derzeit gut, auch wenn Nationalspieler Niklas Wimberg den NINERS aufgrund einer Verletzung am Ellenbogen für den restlichen Saisonverlauf nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Im Hinspiel kassierten die Towers eine 82:90-Niederlage, die für dieses Wochenende vorgesehene Partie der Chemnitzer in Crailsheim musste aufgrund von Coronafällen bei den Gastgebern ausfallen.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Hamburgs Justus Hollatz und Ludwigsburgs Jordan Hulls bestimmten die Schlussminuten. | Foto: Dennis Fischer

PEDRO CALLES: „Wir hatten im vierten Viertel Probleme, den Ball in den Korb zu bekommen. Letztendlich waren die drei Dreier in Serie in den letzten Minuten von Ludwigsburg die entscheidenden. Zu dem Zeitpunkt hat sich das Momentum auf Ludwigsburgs Seite geschlagen. Insgesamt denke ich, dass wir über das ganze Spiel einen guten Job gemacht haben. Wir wussten, dass das hier heute eine intensive Partie wird, Ludwigsburg spielt aggressiv und hat am Ende den kühleren Kopf behalten. Zum Sieg gratuliere ich Coach Patrick und seinem Team.“

SETH HINRICHS: „Wir haben heute im Post mit Maik und mir gearbeitet. Mal hat das sehr gut funktioniert, manchmal konnten Ludwigsburg uns diese Optionen nehmen. Ich denke, wir konnten gewisse Vorteile aus unserer Größe ziehen. Ich finde, wir haben einen guten Job gemacht, im vierten Viertel haben sie jedoch wichtige Würfe getroffen und wir haben es nicht geschafft, diese Punkte auszugleichen. So hat es leider am Ende nicht ganz für einen Sieg vor heimischen Publikum gereicht.“

JUSTUS HOLLATZ: „Zwei der drei wichtigen Dreier von Hulls waren gut verteidigt, da kannst du dann nicht mehr machen, das zeigt seine Klasse. Dadurch hat Ludwigsburg noch einen Extraschwung bekommen und konnte den Sieg mit nach Hause nehmen. Die Stimmung in der Arena war heute nochmal krasser als sonst, die Fans haben uns sehr gepusht, das hat sich gut angefühlt. Diese Extra-Energie hätten wir natürlich gerne mit einem Heimsieg belohnt.“