Lieber Taten statt Worte sprechen lassen

Len Schoormann war in der vergangenen Saison bei Frankfurt Durchstarter und Lichtblick zugleich. In Hamburg stellt sich der 20-Jährige ganz bewusst erst einmal hinten an, will lernen, Erfahrungen auch auf europäischem Parkett sammeln. Privat ist der Guard ebenfalls ein äußerst ruhiger Zeitgenosse.

Wer Len Schoormann bisher im Trainingslager im polnischen Breslau erlebt hat, der könnte den Eindruck gewinnen, das Leben zieht an dem 20-Jährigen nur so vorbei. Mal schweift der Blick verträumt durch die Gegend, nach einer kräftezehrenden Einheit fallen ihm beim Mittagessen schon mal für ein paar Sekunden die Augen zu – dass er zu den Mahlzeiten mit Vorliebe einen Tee trinkt, unterstreicht einmal mehr die weitreichende Gelassenheit, die der U20-Nationalspieler ausstrahlt. Wenn er redet, dann ruhig, bedacht, er ist kein Mann der großen Worte. Doch sobald Len Schoormann das Parkett betritt, klickt es – und aus dem ruhigen Youngster wird ein Energizer.

In der vergangenen Saison war Schoormann der beste deutsche Akteur in einem Frankfurter Team, das trotz Euroleague-erfahrener Schlüsselspieler den sportlichen Abstieg nicht verhindern konnte. Durchschnittlich 22:22 Minuten stand der Youngster auf dem Parkett, erzielte 7,7 Punkte. Sein großes Potenzial ließ Len auf BBL-Level bereits zwei Jahre zuvor durchblitzen, als er während des Saisonabschlussturniers der aufgrund des Coronavirus abgebrochenen Spielzeit 2019/20 einen entscheidenden Anteil am Frankfurter Viertelfinaleinzug beitrug. Der ProB, in der er im Alter von 15 Jahren debütiert hatte, war er spätestens in der folgenden Saison vollends entwachsen.

Insgesamt sechs Jahre verbrachte der gebürtige Darmstädter im Nachwuchsprogramm der Frankfurter. Nur rund eine halbe Stunde von seinem Elternhaus entfernt, an der Carl-von-Weinberg-Schule – einer Eliteschule des Sports – machte Len Schoormann seinen Realschulabschluss. Dass er im Umfeld von Familie und Freunden den Schritt in Richtung Profibasketball nehmen konnte, ließ ihn in eine Komfortzone rutschen, die der deutsche Topscorer (12,9 PpS) der U20-Europameisterschaft in diesem Jahr in Hamburg wieder verlassen will. Den Schritt in die Ferne hat er ganz bewusst gewählt, wohnt allein in Wilhelmsburg. Den vollen Fokus richtet der 20-Jährige auf Basketball und stellt sich dafür im Team von Raoul Korner noch einmal ganz hinten an. Von Starallüren keine Spur.

Stattdessen zählen für Len Schoormann erst einmal die kleinen Dinge. Hart arbeiten, verteidigen, in jeder Sekunde auf dem Feld vollen Einsatz zeigen – Wünsche an seine Spielzeit oder gar Forderungen stellt er keine. Stattdessen vertraut er darauf, in Hamburg – mit Teilnahme in der easyCredit Basketball Bundesliga, dem Magenta Sport BBL Pokal und im 7DAYS EuroCup – genau die Situation vorzufinden, die ihn den nächsten Entwicklungsschritt nehmen lässt. Gedanken an NBA- oder Euroleague-Visionen will er nicht verschwenden, welche Möglichkeiten die Zukunft bringt, so weiß er, das liegt nicht nur in seinen Händen. Alles im Hier und Jetzt, in der Saisonvorbereitung mit seinen neuen Teamkollegen und später auch in der Saison, das will Len Schoormann selbst in die Hand nehmen.

Die Grundlage dafür erarbeitet er sich derzeit im Trainingslager im polnischen Breslau. Sobald er in der Halle steht, ist von der Hoteltrakt-Lethargie nichts mehr zu spüren. Weder während er gemeinsam mit Grassi an Abschlüssen mit Kontakt in Korbnähe arbeitet oder mit Benka an seinem Wurf aus der Distanz. Der 20-jährige Athlet gibt auf dem spiegelblank polierten Parkett immer 110 Prozent, die nötige Ruhe dafür findet er im Privaten. Ein Konzept, das bei einem Spieler der Veolia Towers Hamburg bereits in der vergangenen Saison sehr gut funktioniert hat. Wie passend, dass ausgerechnet ebendieser Seth Hinrichs während der Woche in Breslau Len Schoormanns Zimmernachbar ist.