Keine erneute Überraschung in Berlin

Die Hamburg Towers unterliegen mit 96:79 (28:21, 56:42, 80:59) beim amtierenden deutschen Meister und Pokalsieger ALBA BERLIN. Playoff-Qualifikation in den letzten beiden Hauptrundenspielen weiterhin aus eigener Kraft möglich.

WIE LIEF’S Während am frühen Mittwochabend auf den Rängen in der Hauptstadt vornehme Zurückhaltung herrschte, knüpfte das Geschehen zwischen den Hamburg Towers und ALBA BERLIN – zweiter deutscher Euroleague-Vertreter neben München – auf dem Parkett zunächst direkt an die Partie von Sonntag an. Nach fünf schnellen Punkten von Jaylon Brown lagen die Hanseaten früh in Führung, mussten diese aber nach einem 9:0-Lauf der Hausherren direkt wieder abgeben. Dann aber zog das Team von Pedro Calles auch in der Defensive an, konterte mit einem eigenen 6:0-Run und konnte nach Steal und anschließendem Dunk von Justus Hollatz wieder ausgleichen. In der Folge ließen die Towers aber zu viele ihrer guten Chancen ungenutzt, Berlin dagegen vollendete weiter hochprozentig und nahm entsprechend eine Führung aus den ersten zehn Minuten mit. Auch zu Beginn des zweiten Viertels blieb es bei der offensiven Ausrichtung beider Teams – in nur 67 Sekunden legten die Kontrahenten zusammen zehn Punkte nach. Da sich beide Teams den Anteil gerecht teilten, blieb es bei der Sieben-Punkte-Hypothek. Die Hamburger hielten Anschluss. Doch wann immer es den Anschein machte, dass das Calles Team zum Ausgleich ansetzen könnte, fanden die Albatrosse die Lücken in der Verteidigung und setzten sich wieder ab. Nach einem Dunk von Berlins da Silva war der Rückstand zum ersten Mal zweistellig. In der Foulstatistik lagen die Hamburger dagegen klar vorn – gleich fünf Spieler waren vorzeitig mit zwei Fouls angezählt, Justus Hollatz kassierte unglücklich sogar bereits sein drittes Foul. Der Rückstand wuchs bis auf 16 Zähler an, auch weil die Hauptstädter die Gunst des deutlichen Ungleichgewichts in der Foulverteilung (BER 6, HAM 14) im Stile eines Champions ausnutzten, gleich 18 Mal an die Freiwurflinie gingen und dort ebenfalls hochprozentig verwandelten.

Während im ersten Viertel die Physis fehlte, war es im zweiten Abschnitt wohl zu viel der Körperlichkeit. Die scheinbar perfekte Mischung fanden die Hamburg Towers direkt nach dem Seitenwechsel. Dank guter Defensive und sechs schnellen daraus resultierenden Punkten, der letzte Abschluss von Caleb Homesley mit sehr viel Kontakt, aber ohne Pfiff, war der Rückstand wieder einstellig und ALBA zur Auszeit gezwungen. Und die kurze Unterbrechung genügte dem amtierenden Meister und Pokalsieger, um anschließend komplett das Momentum zu übernehmen. Maodo Lo ließ mit drei Distanztreffern in 83 Sekunden seine individuelle Klasse aufblitzen. Einen Dreier von Tamir Blatt, der zusammen mit Landsmann Yovel Zoosmann anlässlich des israelischen Holocaust-Gedenktages mit einem Trauerflor auflief, später war der Rückstand auf 20 Punkte angewachsen. Zu Beginn des Schlussviertels vergingen 15 Sekunden, in denen die Hamburg gleich drei Fouls kassierten und so für die verbleibende Spielzeit zumindest defensiv erneut einen Gang zurückschalten mussten. Der Ausgang der vorgezogenen Partie des 33. Spieltages war infolge des auf 26 Punkte angewachsenen Rückstandes vorgezeichnet. Doch die Hamburg Towers verabschiedeten sich immerhin mit einem versöhnlichen Ende, das Schlussviertel wurde 16:22 gewonnen, in Richtung des nächsten Matchballs am Sonntag in Weißenfels und verhinderte so noch den anvisierten fünften Hunderter von ALBA BERLIN, die nach dem achten Sieg in Serie weiter in Richtung Tabellenspitze streben.

TOWERS-STATS J. Brown (5 Pkt., 5 Reb., 5 Ass.), DiLeo (3), Homesley (16, 3 Ass.), Rich, Meisner (7), Christen (9), Kotsar (16, 10 Reb.), Hinrichs (4, 5 Reb.), Bluiett (7, 3 Reb.), Edigin (6), Hollatz (8, 10 Ass.)

Justus Hollatz kommt in den letzten neun BBL-Spielen auf durchschnittlich 8,9 Assists. | Foto: Marvin Contessi

DUELL IM FOKUS Justus Hollatz vs. Tamir Blatt. Die beiden Nationalspieler hielten die Zügel im Offensivspiel ihrer Teams, verteilten jeweils die meisten Assists. Während Hollatz sich auch dank der Größenvorteile viermal in Korbnähe durchsetzen konnte, erzielte der 16 Zentimeter kleinere Blatt alle seine 12 Punkte von jenseits der 6,75-Meter-Linie. Der Berliner legte zudem noch sechs Assists auf. Justus Hollatz kam am Ende auf acht Punkte und zehn Assists – und damit bereits die vierte zweistellige Assistausbeute in den letzten neun BBL-Partien.

TOWER OF THE GAME Einmal mehr war Maik Kotsar nicht nur der effektivste Towers-Akteur, sondern auch erneut Topscorer und bester Rebounder in Personalunion. Auch wenn ALBA-Riese Christ Koumadje fehlte, war die Herausforderung gegen die Euroleague-Centerriege um Thieman, da Silva und Lammers nicht weniger groß. Doch vor allem im Zusammenspiel mit Justus Hollatz fand der Este im Hamburger Trikot immer wieder eine Lücke, um zu punkten. In 30:23 Minuten erzielte Maik Kotsar insgesamt 16 Punkte, schnappte sich zudem 10 Rebounds (jeweils fünf an offensivem und defensivem Brett) und sicherte sich zwei Steals.

WHAT’S NEXT Schon am Sonntag (01.05., 18 Uhr) haben die Hamburg Towers beim SYNTAINICS MBC den nächsten Matchball, um aus eigener Kraft den zweiten Playoff-Einzug in der Klubgeschichte perfekt zu machen. Doch auch das Team von Igor Jovovic braucht noch dringend Punkte – für die Sachsen geht es darum, den Ligaverbleib zu sichern und somit für das kommende Jahr in der easyCredit BBL planen zu können. Während der MBC derzeit aber immer noch mit einem Auge auf die Gießen 46ers schielen muss, können sich die Hamburger voll und ganz auf ihren nächsten Gegner konzentrieren. Und das ist auch notwendig. Denn alle vier Nachverpflichtungen haben voll eingeschlagen. Neben Routinier John Bryant, der dem Team Zonenpräsenz verleiht und viel Erfahrung mitgebracht hat, haben sich Kostja Mushidi (11,7), Reggie Upshaw (13,3) und AJ English (12,0) als beste Scorer hinter Punktegarant Jamel Morris etabliert. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Offensive das Aushängeschild des Tabellensechzehnten ist. Mit 84,1 Punkten erzielen die Sachsen die sechstmeisten Zähler, inklusive viertbester Wurfquote (48,6%). Problematisch dagegen die Defensive – hier kassiert der SYNTAINICS MBC die meisten Punkte (89,9) im Ligavergleich.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Seth Hinrichs war hinter Maik Kotsar zweitbester Rebounder. | Foto: Marvin Contessi

PEDRO CALLES: „Gratulation an ALBA zum verdienten Sieg. Wir haben heute gegen ein starkes Fastbreak-Team gespielt und zu viele Punkte durch Schnellangriffe zugelassen. Außerdem haben wir heute zu viel gefoult, wodurch sich die Berliner viele einfache Punkte an der Freiwurflinie erarbeiten konnten.“

SETH HINRICHS: „Ich hatte das Gefühl, dass wir nach der Halbzeit gut wieder in die Partie gefunden haben. Der Gameplan für die zweite Hälfte schien in den ersten Minuten zu funktionieren, die Energie stimmte, alle Jungs sind mitgezogen. Aber Alba ist ein sehr erfahrenes Team und haben mit einem Lauf die direkte Antwort auf unseren guten Wiederbeginn gefunden. Wir waren nicht überrascht, dass sie ebenfalls mit viel Tempo gespielt haben, sie gut im Umschaltspiel und das beste Offensivrebound-Team sind. In der zweiten Halbzeit haben sie zum einen die zweiten Chancen zu einfachen Punkten nutzen können und dann auch ihre Dreier getroffen. Wir waren meistens einen halben Schritt zu langsam. Den Sieg gegen München konnten wir heute nicht richtig mitnehmen. Hoffentlich können wir aber schnell daraus lernen und es in den letzten Spielen wieder besser machen.“