Yoeli Childs ist der Mann mit den zwei Gesichtern. Während der Neuzugang der Veolia Towers Hamburg auf dem Parkett schonungslos zu Werke geht, vor Gegenspielern und Korbanlagen nicht Halt macht, folgt der 24-Jährige abseits des Feldes einem anderen Kredo.

Mit seinen 2,03 Metern Körperlänge bringt Yoeli Childs, der im System von Raoul Korner unter den Körben zu Hause sein wird, kein klassisches Gardemaß mit. Doch die Brachialität des athletischen Amerikaners, mit der mitunter zu Werke geht, ließe sich sowieso nicht in Zahlen messen – denn der Utah-native sprengt mit Vorliebe alle Limits. In einem NBA-Workout für die Memphis Grizzlies machte er auch vor einer Korbanlage nicht Halt und riss bei einem Dunk Ring samt Brett von der Halterung in der Wand. Dass er ebenso kompromisslos mit seinen Gegenspielern umgeht, zeigte er im ersten Saisonspiel 2022/23 – damals noch im Ludwigsburger Trikot, ausgerechnet gegen seinen aktuellen Klub. In nicht einmal zwanzig Minuten schnappte sich das Kraftpaket 11 Rebounds, sieben davon am offensiven Brett. Auch in den anschließenden 23 G-League-Partien, die Childs nach seinem Abgang aus Ludwigsburg noch in Salt Lake City absolvierte, war der harte Arbeiter, der Wühlbüffel, für durchschnittlich 10,2 Rebounds gut. Denn das, was ihm von Kopf bis Fuß vielleicht an Zentimetern fehlt, macht er mit Einsatz, Sprungkraft und seiner 2,12 Meter Armspannweite wieder mehr als wett.

Doch sobald Yoeli Childs den Court mit seinen Füßen in Schuhgröße 50 verlässt, legt er einen Schalter um. Und aus dem (ur)-gewaltigen Basketballer wird ein sanfter Riese. Abseits des Feldes dreht sich für den 24-Jährigen alles um seine Familie. Bei Frau Megan und Töchterchen Amara kann sich der 105 Kilogramm schwere Athlet fallen lassen und alles um sich herum vergessen. Wo und wann, das spielt für Childs keine Rolle, seine Familie ist sein Zuhause – home is where the heart is. Und das hat er an Megan vergeben. Seit sie sich an der Bingham High School kennengelernt haben, vergeht kein Tag, den Yoeli Childs bereut. Ebenso wenig bereut er die Entscheidung, bereits mit 20 Jahren Ja gesagt zu haben. Im vergangenen Dezember machte Töchterchen Amara das Glück der kleinen Familie perfekt – wann immer der kräftige Amerikaner über seine Familie spricht, schwingt eine riesige Portion Stolz mit.

Ebenfalls einen großen Stellenwert im Leben des unweit von Salt Lake City geborenen Yoeli Childs nimmt sein Glaube ein. Nicht nur Frau Megan begleitete ihn auf dem Weg in die Kirche, auch Eric Mika – 2019/20 unter Raoul Korner in Bayreuth und in Childs Freshman-Jahr ebenfalls noch Student an der Brigham Young University – spielte eine wichtige Rolle auf dem Weg zum mormonischen Glauben. Zwei Jahre vor der Hochzeit im Payson Utah Temple – Megans Wunschort für die Trauzeremonie – ließ sich Childs taufen. Auch während des Trainingslagers ist sein Glaube ständiger Begleiter. Vor jeder Mahlzeit betet Childs über seinem Teller, jeden Morgen und Abend folgen weitere Gebete, wann immer möglich gemeinsam mit Megan, auch über das Telefon.

Eine weitere für ihn lebenswichtige Lektion hat ihm seine Mutter Kara, die ihn und seinen Bruder Masay allein aufzog, mitgegeben. Tue jeden Tag eine gute Tat, indem du einem Menschen hilfst, ob du ihn kennst oder nicht, und erwarte dafür keine Gegenleistung. Diese Weisheit befolgt Yoeli auch im Trainingslager, auch wenn das heißt, das benutzte Geschirr und die leeren Verpackungen für den 18-jährigen Simonas Paukste aus dem gemeinsam bewohnten Zimmer zu entsorgen. Überhaupt ist Yoeli Childs ein absoluter Teamplayer. Der 24-Jährige, der mit den Veolia Towers in sein drittes Profijahr geht, hat schnell verstanden, wie wichtig Teamchemie für den Erfolg eines Teams ist. Denn für die rund zehn Monate, die die Profis zusammen verbringen, ihre Zimmer teilen, durch Deutschland und Europa reisen, ist das Team wie eine Familie. Und für seine Familie wird Yoeli Childs immer alles geben – harte Arbeit, Einsatz und viel Liebe.