Hamburger überpowern den Favoriten

Die Veolia Towers Hamburg legen bereits im ersten Viertel den Grundstein für den 70:89-Erfolg beim FC Bayern München. Mit viel Energie halten die Hanseaten der Aufholjagd des Favoriten stand und gewinnen so auch das zweite Duell der Hauptrunde. James Woodard mit 22 Punkten Topscorer.

Benka Barloschky: „Ich war mir schon sicher, dass die Jungs bereit sind, hier zu competen. Dass wir so ein erstes Viertel gespielt haben, hat uns natürlich geholfen. Aber auch das muss man machen, um hier zu gewinnen. Überragender war für mich aber die zweite Halbzeit. Wir wussten, dass der Run kommen wird. Bayern München hat unglaublich viel Qualität. Sie haben das Spiel noch mal auf die Kippe gebracht. Dass wir da zusammengeblieben sind, weitergearbeitet und noch einmal dagegengehalten haben, das war für mich entscheidend. Ich hoffe, dieser Sieg bringt uns Vertrauen in unsere Arbeit.“

Lukas Meisner: „Ich bin super glücklich, weil wir – Verein, Team, Coach – eine Zeit durchgemacht haben, in der alles hinterfragt wurde. Jetzt sind wir gerade wieder an einem Punkt, wo wir Spaß an dem haben, was wir machen. Ich bin immer noch sehr stolz auf die Jungs, dass wir den Sieg zu Hause gegen Bayreuth geholt haben und heute von der ersten Minute an wieder mit voller Energie gespielt haben. Für uns war klar, dass wir Energie bringen müssen. Wir haben dann aber auch die Würfe getroffen, weil wir Stopps bekommen haben. Dadurch bekommt man Selbstbewusstsein. Und heute hatten wir nichts zu verlieren. Wir standen im Stau, hatten kein richtiges Warm-Up – aber am Ende war das alles egal.“

FC Bayern München 70:89 Veolia Towers Hamburg (19:35, 34:53, 57:69)

Dass die Anreise zur altehrwürdigen Arena im Münchner Westpark mit viel Komplikationen verlief und im Warm-Up-Programm entsprechend improvisiert werden musste, war den ohne Seth Hinrichs angereisten Veolia Towers ab dem Tipoff nicht mehr anzumerken. Denn die Hamburger trafen zunächst aus allen Lagen traumwandlerisch sicher und konnten sich schnell auf acht Punkte absetzen. So sah sich Münchens Coach Andrea Trinchieri nach nicht einmal fünf Minuten bereits zur Auszeit genötigt, in der er seinem Unmut über den bisherigen Auftritt seines Teams Luft machte. Besser lief es für die Bayern nach der Unterbrechung aber nicht. Die energiegeladenen und wie entfesselt aufspielenden Hanseaten taten alles in ihrer Macht Stehende, um die Startschwierigkeiten der Münchner weiter auszunutzen. Neben sehr aggressiver Defensive war vor allem der Dreier das Mittel der Wahl – von zehn Versuchen fanden gleich acht im ersten Viertel ins Ziel. Die Hamburger Führung zum Ende der ersten zehn Minuten mehr als deutlich – selbst ein Buzzerbeater von Nick Weiler-Babb verpuffte.

Und die Veolia Towers machten zu Beginn des zweiten Abschnitts nahtlos weiter. Halbdistanz-Treffer Woodard – an dieser Stelle bereits bei elf Zählern – dann Ballgewinn des US-Amerikaners, Korbleger Polite, es vergingen gerade einmal 26 Sekunden, da folgte die zweite Münchner Auszeit. Der Vorsprung der Hamburger war unterdessen auf 22 Punkte angewachsen. Erst dann zogen die Bayern die Intensität in ihrem Spiel an, meldeten sich mit einer Switch-Verteidigung und einem 8:0-Lauf zurück. Head Coach Benka Barloschky ermahnte sein Team, sich aufgrund des Vorsprungs nicht in trügerischer Sicherheit zu wiegen. Und seine Schützlinge fanden einen Weg, dem zunehmenden Druck der Münchner weitestgehend standzuhalten und mit Ballgewinnen und anschließenden einfachen Punkten auch weiterhin für Nadelstiche zu sorgen. Der Flow des Anfangsviertels war zwar mittlerweile verflogen, auch weil die Bayern zunehmend zu Offensivrebounds kamen. Unterkriegen ließen sich die Towers davon aber zu keinem Zeitpunkt, arbeiteten stattdessen noch härter und erhielten in den letzten 30 Sekunden vor der Halbzeit dafür den verdienten Lohn. Dreier Polite, Dreier Philipps – die einzigen beiden Distanztreffer im zweiten Viertel – und der Vorsprung war wieder auf 19 Punkte angewachsen.

Die Anfangsphase nach dem Seitenwechsel offenbarte dann, wie schnell sich das Blatt gegen den FC Bayern München allerdings auch wieder drehen kann. Die Gastgeber waren nun defensiv deutlich präsenter, erzielten mit neuer Leichtigkeit fünf schnelle Zähler. Benka Barloschky griff direkt zur Auszeit. Zwar konnten Kendale McCullum und Lukas Meisner daraufhin noch einmal punkten, doch München schloss mit einem 9:0-Lauf fast unbeirrt weiter auf. Die Hamburger kamen zwar auch weiterhin zu Abschlüssen, die Looks waren jedoch nicht so konsequent herausgespielt wie noch in der ersten Hälfte. Erst ein unsportliches Foul von Münchens Giffey und daraus erzielte vier Punkte ließen die bayerische Drangphase dann abebben. Die Einwechslung von Ziga Samar brachte zudem wieder mehr Struktur im Hamburger Spiel – dank Ballgewinn, Vorlage und Punkten des 22-Jährigen zogen die Towers wieder auf 17 Zähler weg. In den letzten zwei Minuten des dritten Viertels wurden die schwindenden Kräfte der Towers nun zunehmend sichtbar. Im Angriff fehlte die Präzision, die Defensive war jetzt einen Schritt zu langsam. Nur mit viel Glück hielt Jonas Wohlfarth-Bottermann den zweistelligen Vorsprung fest.

Doch die letzte Pause kam genau zur richtigen Zeit und verschaffte den Hamburgern die Möglichkeit, die Energiereserven ein letztes Mal aufzutanken. Pünktlich zu Beginn des letzten Viertels war die richtige Intensität wieder da. In der nun zunehmend zerfahrenen Partie, weil die Münchner ungewöhnlich viel foulten, hielten die Nerven der Towers – nicht nur an der Freiwurflinie. Beim Rebounding griffen die Hamburger beherzt zu, Lukas Meisner und Christoph Philipps landeten in wichtigen Momenten einen Ballgewinn. Und James Woodard traf genau zur richtigen Zeit wieder aus der Distanz – zuerst aus rund acht Metern mit Brett, anschließend trotz Foul von Center-Kante Hunter. Als auch der anschließende Freiwurf butterweich durch die Reuse fiel, leuchtete wieder eine 22-Punkte-Führung auf der Anzeigetafel. Das Anrennen der Münchner war gebrochen, die Intensität sank in den letzten drei Spielminuten wieder spürbar. Der Vorsprung der Veolia Towers dagegen wuchs sogar kurzzeitig noch um einen Zähler. Zwar konnten die Hamburger die 23 Punkte nicht ins Ziel retten – doch auch das 19-Punkte-Plus am Ende spiegelte aber den Energieunterschied der Kontrahenten an diesem Abend in aller Deutlichkeit wider.

Stats: Schoormann, Paukste, Polite (13, 5 Reb.), Philipps (8), Meisner (13, 9 Reb.), Woodard (22, 3 Ass., 3 Stl.), Samar (11, 4 Ass.), McCullum (8, 5 Ass.), Wohlfarth-Bottermann (4, 4 Reb.), Childs (10, 7 Reb., 3 Stl.)