Eiskalte Towers bestehen in hitziger Atmosphäre

Durch den 98:91-Erfolg nach Verlängerung beenden die Veolia Towers Hamburg gegen Hapoel Vegan Friendly Tel Aviv ihre Niederlagenserie. Vor EuroCup-Rekordkulisse von 2556 Fans zeigen sich die Hanseaten nervenstark. Childs mit Double-Double Topscorer – Meisner und Woodard mit den entscheidenden Treffern.

Raoul Korner: „Erstmal Glückwunsch an meine Spieler. Ich denke, sie haben in einer für uns sehr schwierigen Situation viel Charakter gezeigt. Sie waren extrem scharfsinnig zu Beginn. Man konnte sehen, dass alle darauf erpicht waren, das Ruder herumzureißen und diesen Sieg zu holen. Im zweiten Viertel hatten wir zu viele Ballverluste, sodass wir etwas aus dem Rhythmus gekommen sind. Zunächst wurde es ein enges Spiel, dann führten sie mit zehn Punkten. Punkte zu machen, ist wichtig im Basketball. Am Ende zeigte das Team Charakter und traf einige Big Shots, hat nicht nachgelassen, bekam ein paar Stopps und erzwang den dringend benötigten Sieg.“

Yoeli Childs: „Was hier heute los war, war der Wahnsinn. Es war das erste Mal, dass ich so verrückte europäische Fans erlebt habe. Das hat wirklich Spaß gemacht. Die Wende im Spiel kam für mich zum Ende des dritten Viertels. Unsere zweite Fünf hat das Spiel wieder belebt – Harrison, der bisher noch nie mit uns gespielt hat, hat auf sehr hohem Level agiert, Jonas hat sehr gut verteidigt. Sie haben den Rückstand entscheidend reduziert. So konnten wir im Anschluss das Spiel drehen.“

Lukas Meisner: „Es war eines der kältesten Spiele, die ich jemals gespielt habe. Aber natürlich war die Stimmung super und sehr positiv. Ich glaube, am Ende macht es keinen Unterschied, wie lange das Spiel am Ende geht. Statistiken lügen in der Regel nicht. Wenn man also zu Beginn nicht so gut getroffen hat, dann funktioniert es am Ende besser. Das ist das Vertrauen, was man als Spieler in sich hat. Dann passieren solche Dinge, wie heute bei James und mir.“

Veolia Towers Hamburg 98:91 Hapoel Vegan Friendly Tel Aviv (25:16, 36:37, 57:62, 84:84)

Ohrenbetäubender Lärm, Rauchfackeln und Leuchtfeuer – die Fanscharen aus Tel Aviv sorgten mit Spielbeginn für ein noch nie dagewesenes Bild in der edel-optics.de Arena. Unter den Nebelschwaden, die sich im Holzgerüst der Hallendeckel festsetzten, gaben auf dem Parkett allerdings die Veolia Towers den Ton an. Mit einem 13:0-Start zeigten sich die Hamburger gänzlich unbeeindruckt von dem Spektakel auf den Rängen. Eine Auszeit der Gäste sorgte für etwas Ruhe, anschließend kam Tel Aviv auch zu ihren ersten Zählern. Doch auch das beeindruckte die Towers zunächst nicht. Der sehr agile Yoeli Childs ließ mit zwei spektakulären Dunks jetzt auch die Soundkulisse des Hamburg Towers Fanclub anschwellen. Hapoel arbeitete sich dann nach einem unsportlichen Foul von Marvin Clark II bis auf sechs Zähler an weiter sehr selbstbewusst auftretende Hamburger heran. Mit einem Distanztreffer gab der Forward aber prompt die passende Antwort. Während die Temperatur in der Arena sich ob der geöffneten Dachluken und Türen dem einstelligen Bereich näherte, nahmen die Towers eine Neun-Punkte-Führung aus dem ersten Viertel.

Mit Beginn des zweiten Abschnitts fanden auch die Gäste zu ihrem Spiel. Die offensivstarken Munford und Tokoto brachten die roten Teufel bis auf vier Punkte heran – und damit die knapp 1000 Gästefans direkt wieder ins Spiel. Dass auf Hamburger Seite Ziga Samar und Christoph Philipps auch erfolgreich abschließen konnten, half den Veolia Towers, ihre Führung zu behaupten. Knapp dreieinhalb Minuten vor der Pause kam Hapoel dann aber zum Ausgleich, auch weil sich bei den Towers unter dem zunehmenden Druck nun die Ballverluste häuften. Anschließend ging Tel Aviv sogar das erste Mal am Abend in Führung. Direkt schoss der Lautstärkepegel im schwarz-roten Gästeblock erneut in den Grenzbereich. Zwei weitere Treffer von Yoeli Childs, der als erster Akteur eine zweistellige Punkteausbeute vorweisen konnte, ließen die Führung wieder wechseln. Weil der sonst sehr umsichtige Samar das Hamburger Foullimit nicht richtig im Blick hatte, Tel Avivs Brown an die Linie schickte und der bullige Guard beide Freiwürfe verwandelte, ging allerdings Hapoel mit einem Plus in die Pause.

Nach dem Seitenwechsel hatten sich die Rauchschwaden vorerst verzogen. Bei nun bester Sicht brachte Munford, nach seinem zweiten Dreier ebenfalls mit zweistelliger Ausbeute auf dem Statistikbogen, Tel Aviv auf fünf Punkte in Front. Unter lautstarken Anfeuerungsrufen aus dem Fanblock mühten sich die Towers in Schlagdistanz zu bleiben. Doch trotz Powerdunk von Lukas Meisner schnellte der Rückstand erstmalig in den zweistelligen Bereich. Die Gäste aus Tel Aviv fanden in der Phase die klareren Abschlüsse, trafen dadurch schlichtweg hochprozentiger als die Hamburger, die ihrerseits versuchten, ein erneutes Momentum zu kreieren. Während Harrison Cleary, der den kranken Kendale McCullum vertrat, mit einem frechen Dreier seine ersten Punkte im 7DAYS EuroCup erzielte, übernahmen bei Hapoel die israelischen Nationalspieler Timor und Ginat. Insgesamt 17 von 25 Punkten steuerte das Duo im dritten Viertel bei. Dennoch verkürzten die Towers durch einen weiteren Dreier von Clark II wieder auf fünf Zähler.

Zu Beginn des Schlussviertels entbrannte erneute ein Feuerwerk im Gästeblock. Auf dem Parkett übernahm James Woodard und führte sein Team mit sechs Punkten zum Ausgleich. Auch die Defensive der Hamburger zog jetzt wieder spürbar an. Lediglich zwei Punkte bekam Tel Aviv in drei Minuten unter. Als sich Hapoels Onuaku in der bisher hitzigsten Phase der Partie ein technisches Foul einhandelte, begleitete ein schrilles Pfeifkonzert die folgenden Freiwürfe von James Woodard. Im Gleichschritt bewegten sich beide Teams in Richtung Crunchtime. Die Hamburger hatten ihr Minimalziel erreicht: Die Chance auf den Sieg war da. Während die Spielzeit unaufhörlich hinunter tickte, kämpften die Towers um jeden Ball – ließen sprichwörtlich ihr Herz auf dem Feld. Das Unentschieden hielt sich aber hartnäckig. So ging es in die Overtime.

Ein Treffer auf jeder Seite in den ersten zweieinhalb Minuten der Verlängerung brachte die Nerven der 2556 Fans – erneut Rekordkulisse eines Hamburger EuroCup-Spiels – in der Arena bis zum Anschlag in Spannung. Das Nervenkostüm der Veolia Towers dagegen: Cold as ice. Mit fast stoischer Ruhe versenkten James Woodard und Lukas Meisner zwei Dreier und sorgten damit für die Entscheidung. Während die Gesänge im Gästeblock langsam leiser wurden, feierten die Hamburger ihr Team mit Standing Ovations.

Stats: Schoormann (3, 3 Reb.), Cleary (3), Philipps (8, 4 Reb.), Meisner (18, 5 Reb.), Woodard (18, 7 Reb., 6 Ass., 3 Stl.), Samar (14, 3 Reb., 9 Ass.), Hinrichs (2, 4 Reb.), Clark II (8, 3 Reb.), Wohlfarth-Bottermann (4, 4 Reb.), Childs (20, 11 Reb.)