Den Schalter zur richtigen Zeit umgelegt

Die Hamburg Towers drehen nach einem schwierigen Start die Partie bei den Basketball Löwen Braunschweig und sichern sich dank des 79:92 (28:21, 41:47, 63:70) den 17. BBL-Sieg.

WIE LIEF’S Rund 40 Fans der Hamburg Towers hatten die knapp zweistündige Reise in die zweitgrößte niedersächsische Stadt angetreten. Und die Unterstützung hatten die Hanseaten in den Anfangsminuten auch bitter nötig – leisteten sie sich in nur 180 Sekunden bereits sechs Ballverluste. Die Basketball Löwen Braunschweig waren dagegen sofort hellwach und lagen nach dem zweiten And One schnell mit acht Zählern in Führung. Begünstigt von einem deutlichen Chancenplus zogen die Hausherren in der Folge sogar zweistellig davon – weil die Hamburger bei ihren ersten sieben Wurfversuchen aber fehlerlos blieben, hielten sie dennoch den Anschluss. Ohne weiteren Ballverlust konnten die Gäste vorübergehend sogar auf drei Zähler verkürzen, kassierten dann vor dem Ende des ersten Viertels aber noch vier schnelle Braunschweiger Punkte. Zum Start des zweiten Abschnitts machte sich Lukas Meisner an alter Wirkungsstätte zwar keine Freunde, brachte sein Team aber mit einem starken Rebound und anschließendem Dunk erneut auf drei Zähler heran. Probleme bereitete die Foulverteilung – Max DiLeo, Justus Hollatz, Maik Kotsar und Eddy Edigin waren noch vor Mitte des zweiten Viertels bereits mit jeweils zwei Fouls belastet. Zeitgleich brachte sich das Calles-Team aber durch Dreier von Caleb Homesley und Jaylon Brown zum ersten Mal in Führung. Einmal mehr übernahm Caleb Homesley, mit seinen Punkten elf bis 13, in der Offensive, doch absetzen konnten sich die Hamburger nicht. Zwei Braunschweiger Distanztreffer umrandeten ein technisches Foul von Robin Christen, der sich zu enthusiastisch über zwei verpasste eigene Chancen ärgerte. Doch das Energielevel erreichte anschließend den vorläufigen Höhepunkt. Lukas Meisner mit einem weiteren Dunk sowie Caleb Homesley mit seinem dritten Dreier – beide mit anschließendem Staredown ins Publikum – legten auf sieben Punkte vor und forcierten damit die Hamburger Halbzeitführung, die Jaylon Brown mit Freiwürfen absicherte.

Nach der Pause versuchte Braunschweig erneut mit druckvoller Verteidigung den Ton anzugeben. Doch die Towers agierten deutlich sicherer als zu Beginn, ließen den Ball gut laufen und zogen nach zwei Triples von Jaylon Brown und einem weiten Dreier von Lukas Meisner auf zehn Punkte weg. Nach dem schnellen Wiederbeginn flachte der Punkteregen etwas ab. Doch dank der Durchsetzungskraft von Maik Kotsar hielten die Hamburger ihre Kontrahenten zunächst auf Distanz. Das Hamburger Momentum krönte Max DiLeo mit dem vierten Distanztreffer im dritten Abschnitt. Doch Zeit sich auf dem 12-Punkte-Vorsprung ausruhen, gab es keine. In nur 90 Sekunden sorgten zwei Ballverluste dafür, dass die Basketball Löwen ihrerseits auf sieben Zähler verkürzen konnte. Und das Hoch nahmen die Braunschweiger direkt mit in den Schlussabschnitt. Begünstigt durch einen weiteren Ballverlust schlossen die Hausherren mit drei schnellen Abschlüssen auf einen Punkt auf. Pedro Calles sah sich direkt zur Auszeit gezwungen. Die ersten drei Punkte von Trevon Bluiett stoppten die Braunschweiger Druckphase, ein weiterer Treffer des Guards von jenseits der 6,75-Meter-Linie beruhigte die Hamburger Nerven – und zwang Braunschweig postwendend zur Auszeit. Doch die Towers behielten die Kontrolle und bauten in den folgenden drei Minuten die Führung dank zwei weiterer Dreier von Jaylon Brown auf 14 Punkte aus. Braunschweig versuchte es erneut mit einer Auszeit, doch wieder behielten die Gäste die Ruhe. Mit einem weiteren Statement-Dunk beendete Lukas Meisner drei Minuten vor dem Ende alle Diskussionen um den Spielausgang. Der Hamburg Towers Fanclub skandierte zurecht – Auswärtssieg. Und feierte anschließend gemeinsam mit dem Team den wichtigen Erfolg in Braunschweig.

TOWERS-STATS J. Brown (20 Pkt.), DiLeo (3, 3 Stl.), Homesley (23, 4 Reb., 6 Ass.), Rich, Meisner (16, 8 Reb., 4 Ass.), Christen (3), Kotsar (9, 3 Reb., 3 Ass.), Hinrichs (7, 9 Reb., 4 Stl.), Bluiett (9, 3 Reb.), Edigin (2), Drescher, Hollatz (6 Ass.)

Seth Hinrichs und Benedikt Turudic waren zwei der effektivsten Akteure. | Foto: Christian Schlüter

DUELL IM FOKUS Seth Hinrichs vs. Benedikt Turudic. Die beiden Big Men lieferten sich ein Duell, was sich mit allen Wassern gewaschen hatte – vor allem aber unglaublich viel Finesse und Einsatz ausstrahlte. Und das, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. Für ihre Teams war die Arbeit an den Brettern ein wichtiger Baustein in der Partie. Und ihre Wichtigkeit drückten beide mit starken Effektivitätswerten aus. Benedikt Turudic erzielte mit 10 Punkten und 10 Rebounds ein Double Double, steuerte noch fünf Assists bei – das bescherte ihm einen Effektivitätswert von 22. Seth Hinrichs überzeugte mit 7 Punkten, 9 Rebounds, vier Assists sowie jeweils zwei Steals und Blocks. Und weil dem Forward trotz des Braunschweiger Drucks in 24:02 Minuten nur ein Ballverlust unterlief, beendete er die Partie mit einem Effektivitätswert von 23.

TOWER OF THE GAME Viel passte bei den Hamburg Towers in einer nervösen Anfangsphase nicht zusammen. Doch mit sieben Punkte und zwei Ballvorlagen hielt Caleb Homesley sein Team in den ersten zehn Minuten auf Kurs. Mit zunehmender Spielzeit bekamen die Hanseaten die Probleme im Spielaufbau besser in den Griff. Und Homesley konnte sich auf das konzentrieren, was er am liebsten tut: punkten, rebounden und Assists verteilen. Gegen Braunschweig knüpfte der Topscorer der Towers an seine starken Leistungen vor der Rückenverletzung an. In 23:19 Minuten erzielte Caleb Homesley 23 Punkte, 4 Rebounds sowie 6 Assists – bei acht Versuchen aus der Distanz fanden vier den Weg ins Ziel.

WHAT’S NEXT Mitten im Saisonendspurt in der easyCredit BBL zieht es die Hamburg Towers in der kommenden Woche wieder ins europäische Ausland. Die Qualifikation für das Achtelfinale im 7DAYS EuroCup beschert dem Team von Pedro Calles am kommenden Mittwoch (20.04., 20.30 Uhr) ein Auswärtsspiel bei Titelanwärter Valencia Basket. Bereits vier Mal hat der Klub aus der ostspanischen Hafenstadt die Trophäe im zweithöchsten europäischen Wettbewerb gewonnen – zuletzt 2019 in drei Spielen gegen Berlin. In der Runde der besten 16 Teams im EuroCup entscheidet dagegen eine einzige Partie über das Weiterkommen. Die Außenseiterrolle ist den Hamburg Towers im 9.000 Fans fassenden Pabellón Fuente de San Luis gewiss, zu stark, zu ausgeglichen ist der Kader des aktuellen Tabellenfünften der spanischen ACB besetzt. Gleich zehn Akteure stehen im Schnitt knapp 20 Minuten auf dem Parkett. Den Aufbau organisiert Martin Hermannsson (8,5 Pkt.) – der Isländer lief von 2018 bis 2020 für Berlin auf. Die beiden Routiniers Victor Claver (4,6) und Sam van Rossom (9,3) sind beide bereits nicht nur spanischer Meister geworden, sondern haben auch jeweils den EuroCup zweimal gewonnen. Noch stärker sind die Spanier unter den Körben besetzt – Mike Tobey (11,2) und Jasiel Rivero (11,3) sind die einzigen beiden Akteure neben dem verletzten Ex-Oldenburger Klemen Prepelic, die zweistellig scoren. Dazu gesellt sich mit Bojan Dubljevic (8,4) ein ehemaliger spanischer Finals-MVP. Es wird wohl die mit Abstand größte Herausforderung in der Geschichte der Hamburg Towers.

KURZER SCHNACK NACH DEM SPIEL

Caleb Homesley war Hamburgs Topscorer gegen Braunschweig. | Foto: Christian Schlüter

PEDRO CALLES: „Ich gratuliere meinen Spielern zu einem ganz wichtigen Auswärtssieg. Das Spiel verlauf in etwa so, wie es zu erwarten war. Braunschweig hat von Beginn an mit sehr viel Physis und Energie gespielt – und dieses Level über das gesamte Spiel gehalten. Das Resultat davon ist, dass sie sich 19 Offensivrebounds holen konnten und uns zu 21 Ballverlusten gezwungen haben. Das müssen wir neidlos anerkennen. Doch wir haben es geschafft, uns von dem langsamen Start zu erholen. Wir haben es geschafft, unsere Angriffe besser auszuführen, das hat uns offene Würfe ermöglicht. Wir hatten gute Trefferquoten, die uns heute den Sieg gebracht haben.“

LUKAS MEISNER: „Ich hatte richtig Bock auf das Spiel. Ich habe in dieser Halle noch nie als Gegner gewonnen. Ich wollte heute viel Energie bringen und mit dem Team einen wichtigen Sieg im Playoff-Rennen holen. Zu Beginn hat uns der Fokus und die Energie gefehlt. Da haben wir fast gar nichts auf die Reihe bekommen. Aber dann haben wir angefangen, zu verteidigen. Wir haben unsere Energie gefunden, ein paar Stopps generiert. Das war der Schalter, den wir heute umlegen mussten.“

CALEB HOMESLEY: „Es war heute ein hart umkämpftes Spiel, genau damit haben wir gerechnet. Es war ein schwieriges Auswärtsspiel, aber wir haben uns durchgebissen. Das erste Viertel war nicht leicht für uns, aber wir haben uns entschieden, mit deutlich mehr Härte zu spielen – das hat uns am Ende den Sieg beschert. Das hat uns auch der Coach gesagt. Wir mussten uns darauf konzentrieren. Im letzten Viertel hat sich der Einsatz dann auch ausgezahlt.“